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Wildling

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Als Thomas Weber 1996 die erste EP seines Projekts Kammerflimmer Kollektief beim Weilheimer Electronicalabel Payola veröffentlichte, zeigte er sich beeinflusst vom Wu-Tang Clan und dem Berliner Label FMP, das 1969 unter anderem von dem legendären Saxofonisten Peter Brötzmann gegründet wurde und in Europa zum Vorreiter des freien Jazz avancierte. Die Freejazz-Attacken der frühen Jahre sind inzwischen einer hippiesken Krautigkeit gewichen. Der Jazz der letzten Alben ist eine eher kontemplative Angelegenheit, mit einem dunklen Unterton, der jedoch nicht in Finsternis hinabsteigt wie etwa die Musik der Mülheimer Band Bohren & Der Club Of Gore. Das Kammerflimmer Kollektief der Gegenwart ist von einem Produzentenprojekt tatsächlich zu einer Band geworden, die auf der Bühne sitzend neben Synthesizern Instrumente wie Harmonium, Kontrabass, Gitarre, Xylofon oder Saxofon spielt. Heike Aumüller singt dazu elfenhaft in einer Fantasiesprache, die nur bruchstückhaft als Englisch zu popentifizieren ist. Das erinnert stellenweise an Jón Þór Birgisson von Sigur Rós, man denkt an Elisabeth Fraser von den Cocteau Twins oder auch an den verwunschenen Zauberwald von Karin Dreijer Anderssons Soloprojekt Fever Ray. Wildling, das sechste Album der aus Karlsruhe kommenden Band, ist ein psychedelisch-schamanenhafter, der Wirklichkeit entrückter Entschleuniger. Der Schlagzeuger setzt seine Akzente sporadisch. Die Basslinien tropfen zeitlupenhaft ab. Dazwischen Geigen, Harmoniumtöne und Gitarrenakkorde. Zusammengefügt wird dieser Klangkosmos von Thomas Weber, der in seiner Rolle als Produzent der Dubmethodik von Lee Scratch Perry so manches schuldet. „Um in geschlossene Gemüter vorzudringen, braucht man Werkzeug“, schreibt Dietmar Dath in den Linernotes zum Album. Wildling ist ein solches Werkzeug, das Seelen öffnen kann.

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