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Electronica

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Electronica macht weiter, der Electronica-Kolumnist lepoper nicht. Hallo mit einem freundlichen Respekt an Frank Geber! Der Kollege hat bereits in den vergangenen Monaten festgestellt, Electronica ist längst ein Prinzip. So lässt sich das Kürzel ELM wohl eher mit „Edited Listening Music“ auflösen als mit „Electronic…“. Denn nur ca. 17% der Veröffentlichungen dieses Sommers verarbeiten Digi-Sounds direkt zum Hören weiter. Circa 28% dagegen prozessieren Schlüsselsignale aus Clubmusiken und machen daraus etwas fürs Zuhause, also zum Beispiel Hörspielkino aus Grime-Bässen. Die restlichen 65% aber schleusen Traditionen wie klassische Musik, Jazz oder einfach den guten alten Song in einen Fluss aus Synthie-Flächen, Maschinenfehlern, stotternde Beats.
Am stärksten reduziert wird dieses Mal bei den klassischen Elektronikern: „Marijn“ von Machinefabriek (Lampse/ Baked Goods) erhebt sich mit einer sakralen Geste aus dem Reich des Vernachlässigbaren. Rutger Zuydervelt lässt auf seinem Debütalbum ein Knistern anschwellen, bis alles in einen kurzen, guten Rausch mündet. Weniger konzeptionell gehen The Collectors vor auf ihrer “Maya II E.P.“ (Mantis/ Neuton): aus allen erdenkbaren Geräten schaffen sie einen Klang, der so etwas wie das Pendant zum Kitesurfen ist; lustig und schroff, Pirouetten drehend im steten Flow. Schon teilweise tanzbar zeigt sich mit „Action Painting“ von der International Peoples Gang aus Nottingham (Emit Records/ Import) der letzte Beitrag aus der klassischen Electronica: hier reizen Schichtenüberlagerungen den Wahrnehmungsapparat bis zur Überforderung mit den bekannten Wirkungen auf die Psyche.
Einfach Psycho statt -delisch klingen die Tracks von Omen, einem Teil des Random Trio. Seine „Rebellion EP“ (Tectonic/ Baked Goods) auf DJ Pinchs Dubstep-Label Tectonic macht mit Würgebässen und runtergepitchten Männerchoralen die Räume eng und isoliert die Signet-Sounds von Grime und Dubstep. Grandios! Ähnliche Atmosphären erzeugen auch Atki2 auf der „Guilty Pleasures EP“ (Werk/ Baked Goods), Reanimator auf der „Reanimotor EP“ (Community Library/ Baked Goods), Point B mit „Cutouts“ (Scsi-AV/ Baked Goods) und Starkey mit der „Local Headlines EP“ (Werk/ Baked Goods). Im Unterschied zu Omen aber liegt ihre Stärke eher im Verweben disparater Elemente als in der Offenlegung von Atomkernen des Klangs. Überhaupt glänzen die Clubmusiken für Zuhause mit einer Legion langlebiger Tracks, und nur aus Platzgründen soll im folgenden die bloße Erwähnung ein faustdickes Yes! bedeuten: Khonnor mit der „Burning Palace“ 7“ (Type Recordings/ Baked Goods), D.P. alias Deadbeat und Pole mit „Krakau“ (Echocord/ Kompakt) und Portable mit den zwingenden Polyrhythmen von „The San“ (~scape/ Indigo/ MDM).
Bleiben noch die anderen 65%, die sich feierlich einführen mit „Lights From The Wheelhouse“ (4AD/ Beggars), dem Debütalbum von The Late Chord – bedrückte Neuzeit-Gospels, CocoRosie in seriös. Auch an Psalmenmurmeln erinnert Gitarrist Sir Richard Bishop, der auf der 7“ „Plays Sun City Girls“ (No-Fpopelity/ Baked Goods) mit Folk und Wiederholung spielt. Das weite Feld der künstlerischen Gesten wird außerdem beackert von Leafcutter John auf seinem vielleicht etwas zu sehr Bedeutung behauptenden Album „The Forrest And The Sea“ (Staubgold/ Indigo) sowie dem selbst betitleten langen Ding der Gentleman Loosers (Büro/ Hausmusik) mit ihrer umher schweifenden Gitarrenmusik. Glückwunsch zur „Büro“-Eröffnung also, lieber Thaddi Herrmann, denn die 001 mit dem Duo aus Finnland gelingt ebenso wie die Zweite des CCO-Ablegers: One Second Brpopge feiern auf ihrem Debüt „One Second Brpopge“ Shoegazertronica als Kammermusik. Aus dem gleichen Umfeld kommen die nächsten 7“es aus der Jukebox Serie von Earsugar: Static und Hauschka präsentieren erschütternde neue Tracks. Im Finale allerdings treten sie auf: Shoreline aus Brighton machen auf „From Eden, Home & In Between“ (Yesternow/ Baked Goods) aus Gesang und Gitarre Edit-Folk. Sehr einfachen Folk, der nur einen Wunsch hinterlässt: Ich möchte eine Melodie sein.

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