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Phusion

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Sommer. Yeah. Unter freiem Sternenhimmel auflegen ist immer etwas Besonderes, insbesondere wenn sich bestimmte Platten dafür anbieten, die die Open Air Saison perfekt eröffnen wie Radioheads „Everything It’s In It’s Right Place“ mit dem fantastischen Afefe Iku Re-Edit. Ein ganz leichter sommerlicher House-Ritt mit minimalem (nur fühlbar, nicht wirklich rhythmisch) Samba-Feeling und dann dieser dramatische Song dazu, eine unglaublich schöne Kombination, die sich nur Osunlade ausdenken kann. Bin mir nicht 100% sicher, aber ich glaube Afefe Iku ist Osunlade, der heuer auf einer griechischen Insel produziert.
Schönheit (die übrigens auch dreckig oder knarzig sein kann) in Kombination mit Dramatik birgt den wahren Minimalismus, der niemals zu rigpoper Muzak werden kann. Ich behaupte mal, dass der puristische Minimal-Techno nur in geschlossenen Räumen funktioniert, draußen unter freiem Himmel funktioniert die Konzentration auf das Monochromatische nicht, was Ricardo Villalobos interessante Aussage unterstützt: „Minimale Musik stößt etwas ganz i s o l i e r t an….. indem du nicht mehr weißt wer du bist“ (Groove # 100). Draußen ist man nicht isoliert. Open Air müssen wir eher feststellen, das wir am DJ Pult ganz ganz klein und unwichtig im Weltenraum sind, und die Isolation mental eher durch Soulfulness angestoßen wird, wenn sich der Himmel über uns auftut, die Leute tanzen, die Sterne funkeln und Sexyness den „großen“ Raum erfülllt. Selbst Coldcut werden mit ihrem Original ganz klein und unbedeutend, wenn als nächste Platte Coldcuts feat. Robert Owens „Walk A Mile In My Shoes“ (Ninja Tune) im Henrik-Schwarz-Remix ertönt. Hey, das ist groß, gewaltig, soulful und dramatisch was Henrik Schwarz aus dem Song macht. Sein vielleicht bester Remix sowie auch einer von der seltenen Sorte: Remix besser als sein Original. Messages und Hands In The Air am Ende mit cinematischem Techno-Spirit.
Schwere und Massivität gehören weder zu Minimal, weder zu dieser Kolumne, noch in meine Open-Air-Sets: Shepp „Mozambique“ (Stilove4music) houst leicht flüssig mit Fender-Akkorden und weht uns von Ferne Nina Simones Stimme rüber. Auch hört man draußen eher (ferne) Stimmen als drinnen, was sich ISoul8 bei „Speak Your Word“ (Sonar Kollektiv) zu Nutzen macht und anonymes Stimmgewirr in sein deepes Housestück verpackt. Schmoover Track. Und draußen kommt Todd Terjes EP „Disco Supreme“ (Supreme Rec) auch toll, er versampelt Sun Palace oder Mike Oldfield zu tollen kleinen Discotools. Da passt dann Altz „Lubritz“ (Bearfunk) ebensogut ins Geschehen. Da hört man quasi digitale Grillen zirpen, die sich mit netten kleinen Kling-Klong-Melodien abwechseln. Man könnte auch sagen: hier hört man das Eis im Longdrink!
Unter freiem Himmel wird einem auch bewusster, das Vocals eh die Krone der Schöpfung sind, was z.B. Ben Westbeech folkige Beatballade mit Klampfe „So Good Today“/“Beauty“ beweist, die erste Veröffentlichung auf Gilles Petersons neuem Label (im Grunde wiederbelebten) Brownswood Records. Auch bei Slope „Ain’t Nothing Like This Feeling“ im Charles Webster Mix (Sonar Kollektiv) und Mark De Clive-Lowe feat Lady Alma „Twilight“ (Especial /Goya) sind die Vocals das Salz in der kosmischen Suppe. Uplifting!
Man sollte ab und zu mal hochgucken. Wegschweifen. Dann wieder runter ob sie noch alle tanzen. Allerdings kein Frage bei Simbad „ Soul Fever“ (Raw Fusion) und Quantic & Mr Scruffs „Tell It Like You Mean It“ (Tru Thoughts), da steigt die Stimmung bis hoch in die Baumwipfel. Simbad, übrigens eine, vielleicht sogar die bessere Hälfte von Marathon Man, hat den Bogen raus, catchy und cool, retro und zeitgemäß zu sein. Jenna G. „Let The Music Play“ (4Lux)… genau in dem Sinne, lasst das spielen. Gehört ins Set. Am Ende der heißen Nacht, bevor alter Soul oder Garageklassiker kommen Frischluft mit folgenden techy Balearic-Tunes: Swag vs. Bakazou /“Hot Gloves“ /„Snake Hip Shuffle“ (Dialect). Bakazou aka Pete Herbert gehört der Schnurrbart und heiße Sportwagen da draußen, ein Disko König mit viel Ambient- und Techno-Erfahrung (machte mal den Londoner Plattenladen Atlas), wie geschaffen für Pool-Parties. Für die Rückfahrt empfehle ich die V.A. „Feel The Beat – Afrofunk“ (BigSur) Compilation, eine der besten dieser Art, die Afrojazz mit Groove verbinden. Zusammengestellt von Massimo Napoli aus Catania (Sizilien), der da unten nicht nur geographisch am nächsten an Afro dran ist, auch inhaltlich sehr fein. Ja und da unten kennt man eh nur Open Air Discos.

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