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Kollektive auf dem Tag der Clubkultur 2025: Wir stellen die Gewinner:innen vor

Beim Tag der Clubkultur wurden neben Clubs 20 Kollektive ausgezeichnet. Doch welche Sounds und Politiken stehen hinter Gruppen wie Scheißmukke oder Diskota Forte? Unser Listicle ist ein Wegweiser in die weitverzweigte Berliner Veranstaltenden-Szene.

Preistargende TDC (Foto: Clubcommission)
Preisträger:innen des Tags der Clubkultur (Foto: Clubcommission)

ADIRA Collective

Das ADRIA Collective wurde 2023 gegründet und versteht sich als queeres arabisches DJ- und Performance.Kollektiv. Damit ist es Teil der Bewegung der Levantine Queer Culture, die als Ausdrucksform Kunst und Communityräume erschafft, um heteronormative und patriarchale Strukturen unter anderem in Syrien, Libanon, Israel oder Jordanien aufzubrechen. Als Kollektiv kuratieren man Events, Panels, Drag Shows und Workshops.

Kilowatt Berlin

Kilowatt Berlin ist ein Kollektiv, das hauptsächlich Electro- und Techno-Partys veranstaltet. Der Fokus liegt hierbei auf der Repräsentation von Künstler:innen aus marginalisierten BIPOC-Gruppen. Ihre Veranstaltungsreihe findet regelmäßig in Clubs wie OXI oder Prince Charles statt.

Kilowatt nach ihrer Back 2 Bassics Party (Foto: Kilowatt/Instagram)
Kilowatt nach ihrer Back 2 Bassics Party (Foto: Kilowatt/Instagram)

Scheißmukke

Scheißmukke ist ein DJ-Kollektiv, bestehend aus Dreimal T, Degen, Schönfeld und Zarling. Bekannt ist es mit der Partyreihe Ringelpietz in Venues wie dem ÆDEN, Fitzroy oder Tresor geworden. Mit Namen wie Wolle XDP ist ein Interesse an Oldschool-DJs zu beobachten, allerdings finden auch junge Talente wie Ana Molina oder DJ Killing ihren Platz.

SHUSH

„Shush!” bedeutet so viel wie „Pssst!”, „Sei still!” oder „Ruhe!”. Die ist auf den Partys des seit 2020 gegründeten Kollektivs auch geboten, denn auf diesen ist ein origineller Stilmix aus afro-britischen und -amerikanischen Musiktraditionen zwischen Soul, House und Breakbeats zu erleben. Es gebe keine Restriktionen bezüglich Stil, Tempo und Form der Musik, sagt das Kollektiv selbst über seinen Sound. Es gehe darum, Körper in Bewegung zu setzen und in Kontakt zu bringen. Die überdurchschnittliche Ambition der Gruppe lässt sich auch an Bookings von Helden wie Dego oder DJ Spinna ablesen – und an ihren Veröffentlichungen, etwa der im November 2024 erschienen ersten EP SHUSH Vol. 1, auf der der eigenwillige Stilmix der Gruppe zu hören ist.

Das Shush-Kollektiv vor ihrer Party in der Marmor Bar auf dem X-Jazz-Festival in Berlin (Foto: Shush/Instagram)
Das Shush-Kollektiv vor ihrer Party in der Marmor Bar auf dem X-Jazz-Festival in Berlin (Foto: Shush/Instagram)

TAKSEER

Das Kollektiv TAKSEER stellt oft Künstler:innen mit Fluchtgeschichte ins Zentrum seiner Veranstaltungen, auch um einen Ort für zwischenkulturelle Begegnungen zu schaffen. Aus Hip-Hop, Grime, Bass Music, Breakbeats und Hard Dance entsteht ein unberechenbarer musikalischer Stilmix, der die diversen Lebensgeschichten von Veranstaltenden, Artists und Gästen reflektiert und von politischem Aktivismus, etwa für Palästina oder die Opfer des Erdbebens im syrisch-türkischen Grenzgebiet, zeugt. 

Musicboard TDC (Foto: Clubcommission)
Das Musicboard auf dem Tag der Clubkultur (Foto: Clubcommission)

Calentura Berlin

Calentura will die afrolateinamerikanischen Wurzeln der Gruppe musikalisch in der Berliner Clubszene verankern. So soll ein Raum für von intersektionaler Diskriminierung Betroffene geschaffen werden, für Menschen die aufgrund ihrer Hautfarbe, ihrer Herkunft und ihres Geschlechts ausgegrenzt werden. Die musikalische Bandbreite bewegt sich zwischen Cumbia, Tango und karibischen House-Tunes.

Cashmere Radio

Das 2015 gegründete Cashmere Radio sieht sich als experimentelles Community-Radioformat, das kunstaffiner daherkommt als Platzhirsche wie HÖR oder Refuge Worldwide. Hier treffen diverse Musikstile und Musikkulturen aufeinander, von House, Bass Music über Avantgarde bis hin zu Hip-Hop und Rap. Neben dem Broadcasting-Angebot veranstaltet Cashmere Radio auch Partys, so dass das Format auch physisch greifbar ist.

Drag Resources Action Group (D.R.A.G.)

D.R.A.G. ist sowas wie eine informelle Gewerkschaft für Akteur:innen der Drag-Szene. Das Angebot speist sich aus Drag-nahen Themen der Veranstaltungsbranche. Es richtet sich besonders an Performer:innen, Booker:innen und Veranstalter:innen. Ziel ist es, grundlegende Standards bei den Arbeitsbedingungen zu schaffen. Hierfür arbeitet das Kollektiv mit Drag-Veranstaltungsstätten, Eventorganisator:innen, Fachverbänden und darstellenden Künstler:innen zusammen. Mitstreitende tragen klangvolle Namen wie Tronicat la Miez, Alexander Cameltoe oder HP Loveshaft

Femme Bass Mafia

Das FLINTA*-Kollektiv Femme Bass Mafia versteht sich als Safe Space für Frauen, Trans- und nicht-binäre Personen. Als Zusammenschluss von Musikliebenden bietet das Kollektiv auch DJing und Producer-Workshops an. Mit der Grümndung 2020 wollte man in der männlich dominierten Bass-Music-Szene einen femininen bzw. feministischen Gegenpol schaffen.

Queere Mama e.V.

Du lebst in Berlin, definierst dich als queer, dir fehlt aber ein Netzwerk, das dir zu Seite steht? Dann bist du bei Queere Mama e.V. richtig. Der Zusammenschluss hilft etwa dabei LGBTQI-freundliche Arbeitgeber:innen, Ärzt:innen oder Therapeut:innen zu finden und bietet selbst Austauschformate, etwa mit Coach Dragan Simicevic.

Sunday School

Bei der Ballroom-Plattform Sunday School gibt es fabulöse Outfits und Performances zu bewundern – und zu judgen. Das Kollektiv ist seit drei Jahren dabei, hat einen BIPOC- und Trans-Fokus und veranstaltet regelmäßig im Acud Macht NEU.

Bass Resistance

Bass Resistance ist ein ukrainisches DJ-Kollektiv und bekannt für seine Modern Bass Music, in der verschiedene Klangwelten aufeinandertreffen. Diese reichen von klassischen Drum’n’Bass-Produktionen bis hin zu progressiven House-Tunes. Zweimal im Monat hostet Bass Resistance eine THF Radio Show – mit dabei ist kein Geringerer als DJ- und Aktivist Habitat Shaking, der auch als Autor unseres Magazins tätig war.

Das Gewinner-Kollektiv Bass Ressistance (Foto: Bass Ressistance/Instagram)
Das Gewinner-Kollektiv Bass Ressistance (Foto: Bass Ressistance/Instagram)

Diskota Forte

Bei Nacht ist Diskota Forte eine Partyreihe mit jungen, queeren Acts wie DJ Killing, Sarah Sommers oder DJ Fuckoff. Aber auch bei Tage zeigt man sich geschäftig, und zwar mit einem Residency-Programm für Musiker:innen und bildende Künstler:innen, wie man es eher von großen Playern wie Atonal oder CTM kennt. Aber Diskota Forte will offensichtlich mehr, Stillstand ist in der künstlerischen Umsetzung ebenso wie auf dem Dancefloor ungern gesehen.

Foggy

Foggy zehrt von seinem eigenwilligen Stilmix. Dazu gehören klassische Clubmusik, Breaks, aber auch Memphis Hip-Hop. Zu Gast auf Veranstaltungen waren schon klangvolle Namen, etwa Olsvangèr, Newinfluenzer oder Tikiman.

Overflow

Endlich mal entspannen beim Ausgehen: Kurz Augen zu und hinlegen! Bei der Veranstaltungsreihe Sensory Rave Spa ist der Name Programm. Hier treffen entspannte Ambient-Töne auf das Well-Feel-Programm eines Spas. Ruheraum, Massagen und Sauna, an alles wurde gedacht. Zusätzlich schafft Overflow auch Awareness zu Themen wie etwa Mental Health in der Clubszene.

Das Gewinner-Kollektiv Overflow (Foto: Overflow/Instagram)
Das Gewinner-Kollektiv Overflow (Foto: Overflow/Instagram)

Soul Feeder

Soul Feeder ist Independent-Label und Kollektiv, gegründet 2016. Man versteht sich als Schnittstelle zwischen der Online- und Offline-Community. Was als Webzine gestartet ist, entwickelte sich zu einem Hub für Underground-Producer:innen, DJs, Grafikdesigner:innen, bildende Künstler:innen sowie Musikliebhaber:innen ohne Anschluss an typische Netzwerkveranstaltungen. Seit einigen Jahren gehören auch internationale Events zum Repertoire des Kollektivs.

THF Radio / Torhaus Berlin e.V.

Das Torhaus Berlin setzt sich dafür ein, dass das Flughafengebäude am Tempelhofer Feld eine stärkere kulturelle, politische und soziale Relevanz erhält. Neben der bisherigen Nutzung des Tempelhofer Feldes für Spaziergänger:innen und Konzertveranstaltungen soll hier die Zivilgesellschaft in die zukünftige Entwicklung des ehemaligen Flughafens mit eingebunden werden. Zentrale Anlaufstelle ist der Verein Torhaus Berlin e.V. Neben den Veranstaltungen Hangar X, Aktionstag, Torhausfestival und Torhaus Travel ist auch der Sender THF Radio ein fester Bestandteil dieser Community.

Marzipahngarten e.V.

Der Marzipahngarten e.V. schafft mit seinem Wagenplatz in Berlin-Marzahn einen „Villa-Kunterbunt-artigen” Safer Space für Queers und BIPOCs. So bietet er Raum für Kreativität in einem der Randbezirke Berlins. Umso wichtiger ist ein Ort künstlerischer und sexueller Freiheit in einer Gegend, die stark vom Rechtsruck betroffen ist: Somit setzt der Mazipahngarten ein politisches Statement mit Bezug auf gesellschaftliche Unterschiede innerhalb Berlins. Veranstaltet werden hier Solitresen und Küfas, Open-Air-Kinoabende, Konzerte und Solipartys.

MUCHA

Das 2020 gegründete Kollektiv MUCHA ist wie eine kreative WG auf Dauerstrom – ein quirliger Schmelztiegel aus Berliner Künstlerseelen, die irgendwo zwischen Performance, Installation und kontrolliertem Chaos ihr Zuhause gefunden haben. Statt still in Ateliers zu hocken, verwandeln MUCHA Räume in lebendige Experimente, bei denen Kunst, Klang und Publikum wild durcheinander tanzen. Man nimmt sich selbst nie zu ernst, aber seine Kunst und seine politischen, auf Diversität ausgerichteten Ideale umso mehr – genau dieser Widerspruch macht MUCHA so erfrischend: anarchisch, verspielt, tiefgründig und immer mit einem Augenzwinkern auf der Suche nach dem nächsten kleinen Weltwunder.

ACT

Wie ein nüchternes, stiloffenes Sameheads wirkt ACT. Die Veranstaltungsreihe des gleichnamigen Kollektivs bewegt sich im Bereich avantgardistischer Musik. Im Vordergrund stehen Künstler:innen, die Experimente wagen. Dabei treffen Genres wie Dark Ambient, Noise und Industrial aufeinander. All diese Stile greifen perfekt ineinander, um Raum, Atmosphäre und Klang in etwas Ungewöhnliches zu vereinen. Veranstaltet wird im PAS oder Studio DB, zu hören sind Acts wie Falsche Menschen oder Marzahn gruppe

Amour Africain

An diasporische Communitys und FLINTA*s und Queers richten sich viele Berliner Kollektive. Amour Africain bietet mit der Veranstaltungsreihe SAUTI einen Platz für Communitys mit afrikanischen Wurzeln und weltoffene Menschen, indem man eine Brücke zwischen afrikanischen und Berliner Netzwerken schafft. Dieser eigene Anspruch ist bei SAUTI auch am Sound zu erkennen. Gespielt werden in Europa unüblichere Genres wie Batida, GQOM, Singeli und Kuduro. Wer seine Hörgewohnheiten aufbrechen will, ist hier am richtigen Ort.

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