Als Musiker:in freust du dich, wenn deine Musik im Radio läuft – schließlich verdienst du damit auch Geld. An diese Tantiemen zu kommen, ist aber alles andere als einfach. Denn die Verteilung funktioniert in jedem Land über nationale Gesellschaften, in Deutschland etwa über die GEMA / GVL. Da kommt Jesper Skibsby mit seinem Service WARM ist Spiel.
Mit WARM erfährst du, welche Radiosender auf der Welt deine Songs spielen. In unserem Interview erklärt CEO Skibsby, wie genau das funktioniert und wie du als Musiker:in profitieren kannst.
GROOVE: Was fasziniert dich am Thema Radio?
Jesper Skibsby: Wenn man von Radio spricht, denkt man, dass es auf der ganzen Welt dasselbe ist und alle das Gleiche meinen. Das ist es aber nicht! Die Bedeutung des Radios für die Musiklandschaft hängt von kulturellen Einflüssen, von technischen Vorgaben und der lokalen Medienlandschaft ab. In Deutschland gibt es zum Beispiel öffentlich-rechtlichen Rundfunk. US-Amerikaner:innen nutzen intensiv das Satellitenradio Sirius XM, zu dem es in Europa nichts Vergleichbares gibt. Weltweit gibt es viele spannende Radio-Landschaften und -Märkte. Wir wissen aber nur wenig darüber, schlicht weil der Informationsfluss nicht existent war.
Junge Menschen nutzen heute eher Streaming als Radio. Ist Radio da überhaupt noch relevant?
Im Streaming hören Menschen eher Musik, die sie schon kennen. Der Algorithmus bewegt sich nah an der vertrauten Musik, im Radio entdecken sie Neues. Radio ist weltweit nach wie vor das größte Medium für Musikkonsum überhaupt und immer noch eine wichtige Plattform, um Interpreten:innen bekannt zu machen. Ich sehe Streaming eher als eine Art von Vertrieb, der Musik weltweit an Radioredakteure, DJs und andere Entscheidungsträger vertreibt. So kann es nämlich sein, dass dein Song in fremden Ländern und unbekannten Radiostationen gespielt wird, ohne dass du etwas davon weißt.
Unter Umständen könnte sich dort eine Tour anbieten.
Deshalb ist es besonders wichtig für aufstrebende Musiker:innen, zu wissen, wo und wann ihre Lieder gespielt werden. Diese Informationen können, wie du sagst, für Konzerte genutzt werden oder zur Einforderung von Tantiemen. Es gibt den Mythos, dass niemand Radio hört, besonders unter jungen Leuten. Eine andere weitverbreitete Meinung ist, dass Radio finanziell nichts bringt und Musiker:innen keine Ausschüttungen erhalten. Dabei ist eher das Problem, dass das in jedem Land anders funktioniert und abschreckend kompliziert wirkt. Allerdings kann man etwa über die GEMA auch Tantiemen aus dem Ausland einfordern. Die arbeiten mit einer Reihe von Gesellschaften in anderen Ländern zusammen. Wer da Radioreichweiten mit Streaming-Zahlen vergleicht, der sieht: Das kann sich lohnen.
Warum ist das so kompliziert?
Die Verwertungsgesellschaften machen nicht immer einen guten Job darin, die gesamte Musik zu erfassen, die bei den Radiosendern gespielt wird.
Hast du Beispiele?
In Dänemark wird bei der Mehrheit der Stationen nur ein Zeitraum von etwa zwei Wochen stichprobenartig ausgewertet. Auszahlungen in vielen Ländern, zum Beispiel in großen wie in Deutschland, hängen von der Reichweite des Senders ab, von der Länge des Plays in Sekunden, der Tageszeit und anderen Faktoren. In Deutschland ist das ganz besonders kompliziert, jede Vergütung wird mit einer bestimmten Formel berechnet, bei der auch der kulturelle Wert des betreffenden Genres eine Rolle spielt. Über den Daumen gepeilt zahlt BBC2 in Großbritannien am Besten, in Deutschland lohnen sich Plays besonders bei 1LIVE und Bayern 2. Bei diesen Radios laufen auch gute Sendungen für elektronische Musik, etwa von Klaus Fiehe und BR PULSE!
Wie kommt da nun WARM ins Spiel?
Unser Service liefert dir wichtige Informationen über das Airplay deiner Musik: Wir bieten eine detaillierte Übersicht über Radio-Plays und damit über das Geld, das dir zusteht. Das wird in Datenanalysen und Reports sichtbar. WARM reklamiert allerdings keine Tantiemen, wir liefern lediglich die dafür essenziellen Daten. Wir wollen eine Alternative zu bestehenden Anbietern bieten, die für unabhängige und aufstrebende Labels und Musiker:innen leider oft unerschwinglich sind. Mit den Daten, die wir liefern, helfen wir Radio als vergessene Einkommensquelle wieder zu entdecken. Wir sehen uns aber auch als strategisches Tool, um deine Karriere zu pushen, als Service für Manager, PR- und Radio-Agenten, Labels, Vertriebe und Musikverlage.
Warum ist das notwendig? Warum brauchen Musiker:innen eure Daten?
Die Verwertungsgesellschaften konzentrieren sich bei ihrem eigenen Monitoring auf die großen Sender. Der relativ unbekannte IDM-Act, der auf einem Community-Radio läuft, ist denen aber ziemlich egal. Aber auch dieser Sender zahlt Geld an die GEMA, daher steht das Geld dir als Musiker:in zu. WARM liefert sozusagen die Beweislage mit den Daten, die dann als Report exportiert und von dir genutzt werden können, um deine Tantiemen zu beanspruchen. Aber es ist auch total spannend zu sehen, wo deine Musik läuft, und diese Sichtbarkeit für dich zu nutzen, um Kontakte zu knüpfen. Damit kannst du genauso arbeiten wie mit den DSP-Daten von den Streaming-Anbietern und entscheiden, in welche Länder zu Schwerpunkte legst, was Promo, Gigs, Push-Verkäufe und Social-Media-Marketing angeht.
Wie sieht der Service für Künstler:innen aus?
Unsere Nutzer:innen können in Echtzeit sehen, wann und wo ihre Musik auf der gesamten Welt im Radio gespielt wird. Im Dashboard gibt es verschiedene Parameter, die dabei helfen, die Radio-Plays sichtbar zu machen und zu verarbeiten. Wir geben Informationen zu Land, Stadt, Radiosender, Spieldauer und Häufigkeit – in verschiedenen Darstellungen. Außerdem können Reports in verschiedenen Formaten und Zeiträumen exportiert werden.
Wie viele Radiostationen deckt ihr ab?
Momentan rund 25.000 in circa 150 Ländern – damit sind wir momentan der umfangreichste Service auf dem Markt und günstiger als alle anderen Anbieter. Ebenso spannend ist, dass unsere Datenbank von Radiosendern user generated ist. Das heißt, dass jeder, der einen Account hat, leicht das Monitoring einer weiteren Station in Auftrag geben kann. Daher wächst diese Zahl stetig.
Wie hat man sich das technisch vorzustellen?
Wir arbeiten mit einer audio fingerprinting technology mit music recognition, nicht mit Metadaten wie ID-Tags. Wie Shazam, nur umgekehrt. Bei Shazam willst du wissen, wie ein bestimmter Song heißt und wer ihn gemacht hat. Wir machen den digitalen Fingerabdruck und suchen nach Matches in der Radiodatenbank und deren Broadcasts. So erkennen wir, wann und wo das Lied gespielt wurde, und übermitteln diese Information in Echtzeit in das Dashboard des Users.
Bringt WARM seine Nutzer:innen bei den Sendern unter?
Nein, WARM ist kein Promo-Service. Aber wir stellen eine umfangreiche Liste von Stationen auf der ganzen Welt im Dashboard zur Verfügung. Mit Kontaktdaten, die uns die Radios geben. Zusätzlich finden die Nutzer:innen auch eine Liste mit Kontakten zu Radio-Promotern und -Pluggern im Dashboard, die direkt angeschrieben werden können.
Als letzte Frage: Was kostet WARM?
Bei unseren Standard-Abos rechnen wir pro Song ab. Ein Lied kostet pro Monat sieben Euro, je mehr Songs hinzugefügt werden, umso günstiger wird es. Es gibt auch die Möglichkeit, Bundles für drei Monate oder ein ganzes Jahr zu buchen. Für Kunden mit großen Bedarf, also hohen Song-Volumen, bieten wir individuelle Lösungen an – APIs und andere Datenübermittlungs-Varianten. Ganz wichtig: Jeder neue User kann drei Songs für einen Monat umsonst testen. Außerdem bieten wir GROOVE-Leser:innen exklusiv 20 Prozent Rabatt auf ihren ersten Einkauf.