Nicht alles ist ewig in Rom: Diese Erfahrung musste Adiel machen, als der sagenumwobene, 1995 eröffnete Goa Club 2021 aufgrund der Pandemie seine Türen schloss. Zu diesem Zeitpunkt hatte Alessia Di Livio, so Adiels bürgerlicher Name, dort bereits eine achtjährige Residency inne und sich außerhalb der italienischen Hauptstadt und über die Ländergrenzen hinaus kontinuierlich einen Namen gemacht. Eine Karriere, die aus einem Club – und natürlich starken Veröffentlichungen auf ihrem eigenen Label Danza Tribale, Tectonic oder Stroboscopic Artefacts – entspringt, mutet mit ihrem organischen Wachstum heutzutage fast schon exotisch an.
Trotz weltweiten Gigs, in prominenten Clubs und auf den größten Festivals, Adiel blieb Rom verbunden. Sie wohnt nach wie vor in der Stadt und hat dort ihr Studio. In ihrem Meine Stadt führt sie mit der Expertise einer Einheimischen durch die Metropole, die einem Freilichtmuseum gleicht. Auf ihrem Weg ergänzt sie Postkartenmotive mit Wegmarkern ihrer Karriere und vermittelt nebenbei ein Bild der römischen Szene, die es momentan nicht leicht hat. So erfahren wir nicht nur, wo Adiel ihre erste Platte gekauft hat und wo es die beste Amatriciana gibt; selige Erinnerungen an längst vergangene Gratis-Raves, denen inzwischen nur mehr große Clubs gegenüberstehen, zeugen von einer schon vollzogenen Zeitenwende.
Accademia di Costume e Moda
Hier habe ich begonnen, Modedesign zu studieren. Ich war immer kunstinteressiert, wusste nach der Schule aber nicht so recht, was ich tun sollte. Nach ein paar Jahren musste ich mich entscheiden: Meine Eltern wollten, dass ich entweder studiere oder arbeiten gehe. Also habe ich hier studiert und währenddessen in einer Boutique gearbeitet, um unabhängig zu sein. Durch das Studium habe ich einen eigenen Geschmack entwickelt, auch was Musik betrifft.
Beides ist für mich untrennbar miteinander verbunden. An der Akademie habe ich aber nicht genäht oder so, sondern viel Theoretisches über Kunst- und Modegeschichte gelernt. Allerdings habe ich im letzten Jahr meines vierjährigen Studiums angefangen mehr und mehr zu spielen und mich dann für Musik und gegen Mode entschieden. Übrigens: Zum Abschluss habe ich fünf Outfits designt und eine Modenschau organisiert. Der Soundtrack war Richie Hawtins Consumed.
Die beste Aussicht Roms
1. Pincio
Für die beste Aussicht habe ich gleich zwei Orte ausgewählt. Ich kann mich nicht entscheiden, welchen ich besser finde. Einer ist der Pincio, ein Hügel im Herzen Roms in der Parkanlage Villa Borghese. Von der Terrasse dort siehst du praktisch die ganze Stadt: Den Vatikan vor dir, die Spanische Treppe – ein besonderer Platz für Touristen und Römer:innen, weil du von der Aussicht nie genug kriegst. Auf dem Foto esse ich übrigens eine Art römischen Donut. Eigentlich hätte ich gern Maritozzo präsentiert, aber die hatten sie nicht.
2. Quirinal
Von hier aus siehst du das Kolosseum, das Forum Romanum, den Petersdom. Auf dem Bild stehe ich auf der Aussichtsplattform des Quirinal, auf die man nicht so leicht kommt.
Ciak
Der Name des Restaurants bedeutet „Filmklappe” auf Italienisch. Das Lokal ist in Trastevere, einer typisch römischen Gegend. Die Straßen dort sind sehr eng und alles wirkt sehr nah beieinander. Und man findet traumhafte Restaurants. Dieses hier sollte man unbedingt besuchen, weil es sehr traditionell ist. Innen hängen alte Bilder von berühmten Schauspieler:innen, und es gibt die beste Amatriciana Roms. Die esse ich auch auf dem Bild.
Marco Passarani hat mir vor vier Jahren von seinem liebsten Carbonara-Restaurant in Rom erzählt: Perilli. Kennst du das?
Das sollte ich mir mal ansehen. Allerdings mag ich Amatriciana lieber.
Macro Museum
Das Macro habe ich gewählt, weil es eine wirkliche Institution in Rom ist und sich Zeitgenössischer Kunst widmet. Es befindet sich in einer alten Brauerei. Es war nicht leicht, dort ein gutes Foto zu machen, denn wie du siehst, gibt es davor nichts zu sehen. (lacht) Trotzdem ist das einer meiner Lieblingsorte, um mir Kunst anzusehen: Das Museum fördert aufstrebende Künstler:innen, verfügt über eine große Bandbreite und scheut keine Experimente.
Auch das Gebäude an sich hat einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen. Vor Jahren gab es gleich daneben eine besetzte Location für nichtkommerzielle Partys. Das waren so ziemlich meine ersten Raves. Diese Formate gibt es inzwischen nicht mehr, aber der Ort ist sehr bedeutsam für meine Karriere: Dort habe ich angefangen zu tanzen.
Wieso gibt es die Location nicht mehr?
Das war eine besetzte Fläche mitten in Testaccio, immer etwas wild und deshalb schwer zu halten. Heute ist alles schwieriger. Es gibt keine Gratis-Raves mehr in Rom. Auch mit den Clubs ist es kompliziert. Der Goa Club, wo ich Resident war, hat wegen der Pandemie zugemacht. Das hat ein schwarzes Loch hinterlassen, und ich habe nicht das Gefühl, dass eine Generation nachkommt. Es gibt nur noch ein paar große Clubs. Ich verbringe meine Wochenenden allerdings nicht mehr oft in Rom, deswegen nehme ich das vielleicht auch nicht richtig wahr.
Ultrasuoni Records
Hier habe ich meine ersten Platten gekauft – dieser Laden ist für einen großen Teil meiner Kreativität verantwortlich. Der Besitzer, Marco, hat einen sehr guten, distinkten Geschmack. Von Anfang an war es mir wichtig, meinen Geschmack breit zu halten. Und im Plattenladen kommt noch die physische Komponente hinzu. Ich höre mir dort lieber Platten an, als sie im Internet zu kaufen. Es ist ein Teil von mir, Platten bei Ultrasuoni zu kaufen – so war es immer, und so soll es bleiben. Wie auch Plattenläden als kulturelle Orte bestehen bleiben sollten, besonders im Digitalzeitalter. Hier komme ich wahrscheinlich noch etwa zweimal im Monat her. Die Interaktion mit Marco ist mir wichtig. Er schlägt mir immer wieder Sachen vor, die ich mir anhören soll.
Erinnerst du dich an die erste Platte, die du dort gekauft hast?
Eine Dubstep-Platte – kein Techno: die Easy Changes EP von Ghostek. Am Anfang habe ich mir alles Mögliche geholt und mithilfe dieses Ladens mein Genre-Spektrum erweitert. Das hat mir sehr geholfen.