Auf dem afrikanischen Kontinent gibt es nur wenige Musikfestivals, wie wir sie aus Europa kennen, die meisten Veranstaltungen finden in Städten statt. Eine Ausnahme macht das MTN Bushfire in Eswatini, dem früheren Swasiland, das zwischen Südafrika und Mosambik liegt.
Mit dem Camping und dem vielleicht ein wenig am Burning Man orientierten Hippie-Look verlegt das MTN Bushfire Aspekte europäischer und US-amerikanischer Festivalkultur in den Süden Afrikas und verbindet sie mit der Kultur von Eswatini, das nur 1,2 Millionen Bewohner:innen hat. Wir haben mit Jiggs Thorne, dem Leiter des MTN Bushfire, gesprochen. Besonders hat uns interessiert, was für eine Rolle das Festival in der kulturellen, sozialen, wirtschaftlichen und politischen Struktur des Landes spielt.
Was macht das MTN Bushfire besonders?
Unser Festival ist global ausgerichtet, authentisch afrikanisch und vom Stolz auf unsere Heimat, auf Eswatini, geprägt. MTN Bushfire ist als internationales Kunstfestival eines der größten multikulturellen Treffen Afrikas. Es beleuchtet die transformative Kraft der Künste durch unseren Aufruf zum Handeln an Einzelpersonen, um zu kollektiven sozialen und ökologischen Veränderungen beizutragen. Deshalb heißt unser Hashtag #BRINGYOURFIRE.
Es heißt, dass manche Ausgaben des Festivals von Menschen aus 65 Ländern besucht wurden. Was bedeutet für euch Diversität?
Auch wir zelebrieren Vielfalt – sowohl in der Publikumszusammensetzung als auch im Musik- und Begleitprogramm. Als kleines Land im Süden Afrikas mit einem einzigartigen traditionellen Kulturerbe halten wir es für wichtig, Harmonie im Kontrast und Einheit in der Vielfalt sowie soziale, wirtschaftliche und ökologische Nachhaltigkeit zu betonen.
Wie hört sich das an?
Die Vielseitigkeit authentischer zeitgenössischer Musik vom afrikanischen Kontinent und der ganzen Welt sowie die Atmosphäre der Toleranz, der Inklusion und des gegenseitigen Respekts, die tief in der traditionellen Kultur Eswatinis verwurzelt ist, gehören zu den Aspekten, die die Besucher:innen Eswatinis am meisten genießen.
Wie entstand das Bushfire?
Das erste Bushfire-Festival fand 2007 statt. Es wurde gegründet, um eine Plattform zu bieten, um der Welt Künstler aus dem damaligen Swasiland vorzustellen und internationale Acts nach Eswatini zu bringen. Bisher gab es hier keinen festen Veranstaltungsort und keine internationale Veranstaltungsplattform, auf der sich zeitgenössische Musiker:innen präsentieren konnten.
Dabei gibt es in Eswatini auch viele soziale Probleme. Beispielsweise sind 28 Prozent aller Erwachsenen HIV-positiv. Wie reagiert ihr darauf?
Seit dem ersten Festival gab es eine umfangreiche Spendenaktionen für unsere beiden Hauptbegünstigten: Young Heroes, eine NGO, die verwaiste, von HIV und AIDS gefährdete Jugendliche unterstützt, und BoMake Rural Projects, eine gemeinnützige Organisation, die über 700 Handwerkerinnen auf dem Land und ihre Communitys unterstützt. Außer konnten wir helfen, sauberes Wasser für 20.000 Menschen bereitzustellen.
Die Sensibilisierung für und die Förderung des Dialogs über brennende soziale und ökologische Probleme führten zur Entwicklung unseres Aktionsaufrufs #BRINGYOURFIRE. Im Jahr 2012 wurde MTN Eswatini Titelsponsor des Festivals, um das Wachstum der Kunstindustrie in Eswatini zu fördern.
Seid ihr mit der Resonanz auf das Festival zufrieden?
Wir sind Gewinner bei den WTM Responsible Tourism Awards 2017 in der Kategorie „Best Responsible Event”, wir wurden von CNN als „eines der sieben Musikfestivals, die man unbedingt gesehen haben muss” ausgezeichnet, von der BBC zum „Top African Festival” gekürt und von EverFests 2018 auf Platz 6 der „besten Festivals der Welt” gewählt.
Wer sind die Key Player hinter dem Festival?
MTN Bushfire ist ein nationales Ereignis. Am Festival nehmen jedes Jahr über 100 Partner und Sponsoren teil, darunter Unternehmen, NGOs, diverse lokale Communitys, Behörden unserer Regierung, unser Hauptsponsor, der Mobilfunkanbieter MTN Eswatini – und meine Familie, der das Festival und die Farm, auf der es stattfindet, gehören. Am Festivalwochenende sind hier über 1600 Menschen beschäftigt. Der Beitrag zur Gesamtwirtschaft des Landes wurde 2019 von einer unabhängigen Untersuchung einer Universität auf über 45 Millionen SZL (ca. 2,2 Millionen Euro) geschätzt.
Was wollt ihr den Besucher:innen mitgeben?
Das vielfältige Programm ermöglicht es uns, eine Vielzahl von Erfahrungen zu erzeugen und eine kreative Gemeinschaft aus der ganzen Welt zusammenzubringen. Wir wollen auch Networking- und Entwicklungsmöglichkeiten für Menschen und Firmen schaffen, indem wir sie zusammenbringen. Das Spektrum reicht da von Künstler:innen über Straßenhändler:innen bis hin zu multinationalen Konzernen. Diese Vielfalt von Schnittstellen stärkt den sehr bewussten Umgang auf dem Festival und ermöglicht es uns, unsere Bring-Your-Fire-Kernphilosophie zu verwirklichen und gleichzeitig zur Entwicklung der nationalen und regionalen Kreativwirtschaft beizutragen.
Worauf freust du dich persönlich?
Mich fasziniert in diesem Jahr ganz besonders Javier Dies Ena, der das Theremin spielt. Es ist das älteste erhaltene elektronische Instrument der Welt, wurde vor etwa 100 Jahren erfunden und sieht aus wie eine Kiste mit Radioantennen. Es wird durch Manipulation der elektromagnetischen Radiowellen gespielt, die es erzeugt – der Musiker berührt das Instrument überhaupt nicht. Es sind kleine Juwelen wie diese, die wir gerne Menschen zeigen, die vielleicht noch nie zuvor mit solcher Musik in Berührung gekommen sind.