Rosaceae (Foto: Katja Ruge)
Nach ihrem 2020 veröffentlichten Album Ava auf dem britischen Label Xquisite Releases sowie einem Kollaborationsalbum mit Ladonna auf Neopromitive folgt nun die zweite Rosaceae-LP namens DNA für Pudel Produkte. Darauf greift die Hamburger Produzentin Leyla Yenirce Themen auf, die bereits ihr im letzten Jahr ebenfalls über Pudel Produkte veröffentlichtes Album Efia prägten. In ihrer Musik verurteilt die Künstlerin Krieg und Genozid. Auf Efia klagt Yenirce den massiven Verkauf von Panzern durch Deutschland, unter anderem an die Türkei, an. Auch die brutale Verfolgung der Jesid*innen durch die Terrororganisation Islamischer Staat verarbeitet die Künstlerin in ihrem Album.
Mit DNA vertieft Rosaceae nun das bekannte Zusammnespiel aus Klang und Sprache, bezieht jedoch genauso ungestüme Rhythmen und harte Kickdrums mit ein. Die acht Tracks auf der LP spiegeln Konzepte von Widerstand, Solidarität und Internationalismus nicht einfach nur wider, sondern hinterfragen auch deren Vermittlung und wie gewisse Vermittlungsformen ihnen selbst bestimmte Bedeutungen verleihen.
Der Titel des Albums spielt auf Anna Campbell an, von der behauptet wird, dass Aktivismus „in ihrer DNS” sei. Campbell stieß zu den Frauenverteidigungseinheiten (Yekîneyên Parastina Jin, kurz YPJ), um sie in ihrem Kampf gegen den Islamischen Staat zu unterstützen. Die YPJ sind die Frauenkampfverbände der Volksverteidigungseinheiten (YPG), eine bewaffnete Miliz in Syrien.
Gemeinsam mit den Linernotes von Mazlum Nergiz, einem Prosagedicht mit dem Titel „Jumping from Tree to Tree” und dem Porträt der kurdischen Politikerin Hevrin Khalaf auf dem Cover des Albums ergibt sich ein breiter und bedeutungsoffener Referenzrahmen für Rosaceaes Musik. Dabei verwertet die Künstlerin TV-Beiträge über den Kampf der kurdischen Frauenmilizen sowie Interviews mit Überlebenden des Genozids an der jesidischen Bevölkerung.
Der Track „Being strong is hard” steigt mit harmonischen, ruhigen Melodien ein, die nach zirka eineinhalb Minuten von rohen, harten sowie spannungsaufbauenden Techno-Beats unterbrochen werden. Im gleichnamigen Video werden schöne Landschaften ab diesem Zeitpunkt von kurzen, schnellen Sequenzen abgelöst, die verschiedene Frauen nacheinander mit Gewehren sowie Aktivistinnen, Freiheitskämpferinnen und Journalistinnen zeigen. Harte Bässe erinnern an den Lärm und die Schüsse von Maschinengewehren und auch die immer wiederkehrende schreiende Stimme erinnert an Krieg und Widerstand. Die Bilder im Video sind ergreifend und erschreckend zu gleich und stellen mit Sound und Sprache unbequeme Fragen, liefern jedoch keine bequemen Antworten.