Audio Werner – On a Different Note (Sushitech)
Vor ziemlich genau 15 Jahren tauchte der Name Audio Werner erstmals auf, und zwar auf der allerersten Platte des inzwischen eingestellten Kölner Labels Hartchef Discos. Den gebürtigen Heilbronner hatte es damals nach Köln verschlagen. Dort traf er auf Holger Schneider und Erk Richter, die beiden anderen Hartchef-Gründer. House-Sounds irgendwo zwischen Minimal im Sinne von Perlon und US-Produzenten wie Mike Huckaby oder Rick Wade waren das, was die drei musikalisch verband. In den frühen bis mittleren Nullerjahren hatte man mit so etwas in der Domstadt einen schweren Stand. Inzwischen lebt Andreas Werner längst in Berlin. In seiner Diskographie finden sich mittlerweile Labelnamen wie Perlon, Circus Company, Hello? Repeat, Cabinet oder Minibar. Bewegten sich Audio Werner-Tracks in den Nullerjahren noch oft zwischen etwas zappeligen Jazz-Loops in Chicago-Manier, Minimal, Microhouse und US-Kopfwipper-Sounds, so ist seine Musik inzwischen deeper und facettenreicher geworden. Und auch gerne mal ziemlich dubbig. So trifft es sich ganz gut, dass Werners erstes Album auf Sushitech erscheint, finden sich im Katalog des Berliner Labels doch Platten von Delano Smith, Mike Huckaby oder Steve O’Sullivan. Yossi Amoyal führt das Label so, dass es irgendwie seit jeher etwas unter dem Radar segelt. Veröffentlicht wird nur auf Vinyl, Promotion findet nicht statt. Das passt zu Audio Werner, denn der hat in den letzten 15 Jahren zwar regelmäßig veröffentlicht. Aber die große mediale Öffentlichkeit hat er noch nie gesucht.
„In dem Deep House-Track „Ohne” tauchen zischende und schnaubende Sounds auf, man wähnt sich in den Katakomben eines Heizkraftwerks, riesige Rohre transportieren von weit her die Musik.”
Das erste Album des Berliners enthält acht Stücke aus den letzten zehn Jahren, die einfach liegen geblieben sind, weil sie vermutlich nirgendwo so richtig reinpassen wollten. Als schließlich das Projekt dieses Longplayers auf Sushitech aufgegleist war, kamen immer wieder neue Tracks hinzu, während andere aus der Auswahl rausflogen. Das Erstaunliche an On a Different Note ist: Man merkt der Platte in keiner Sekunde an, dass sie auf diese Art und Weise entstanden ist. Der analog-warme und oft etwas verhuscht wirkende Sound zieht sich wie ein roter Faden über die gesamte Strecke des Albums. Schon der Auftakt ist großartig, „Ohne” beginnt mit einer dieser Basslines, die man immer mit klassischem Mr. Fingers-Material verbinden wird. In diesem Deep House-Track tauchen zischende und schnaubende Sounds auf, man wähnt sich in den Katakomben eines Heizkraftwerks, riesige Rohre transportieren von weit her die Musik. Darunter eine Sub-Bassline, die sich in akrobatischen Verrenkungen durch die Takte schlängelt. Licht ins Dunkel bringen melancholisch gestimmte Streicher und immer wieder aufebbende Synthesizer-Swooshs. Auf „Ohne” folgt „Darum”, eine sanft pulsierender Techno-Nummer auf Tauchfahrt. „Rau” wiederum reitet einen Vibe, der an alte Platten des besagten Rick Wade erinnert. Oder an Daniel Bells House-Tracks, die er vor 20 Jahren auf den beiden Elevate Special Projects-EPs veröffentlicht hat. Noch toller ist die darauf folgende Nummer, sie trägt den schlichten Titel „Es”. Hier erforscht Andreas Werner ganz andere Sphären, zu verorten sind diese zwischen Ambient, Kraut-Psychedelic und humanoiden Tribal-Beats. An diese knüpft das perkussive „Vogel” an, die Laute von allerlei gefiedertem Getier sind auf dieser so stoischen wie trippigen Nummer deutlich zu hören. Es geht weiter mit deepem Techno und einem etwas klassischeren Audio Werner-Stück mit dem Titel „Anruf“. Den großartigen Schlusspunkt dieses bemerkenswerten Albums setzt „Wir”, ein knisterneder Dub Techno-Track, der auf kleiner Flamme simmert. Nie klang Audio Werner frischer und interessanter als auf On a Different Note. Holger Klein