Zuerst erschienen in Groove 170 (Januar/Februar 2018).
„Ich bin ein Weltstar. In Holland!“, witzelt Benny Rodrigues. In den Niederlanden machte sich Rodrigues schon als Teenager einen Namen. International bekannt wurde er mit seinem Technoprojekt ROD. Dort ließ er seinen zurückgenommenen, minimalen Housesound hinter sich und formulierte mit satten Grooves, bedingungslosen Acid-Exzessen und hymnischen Soundscapes ein rückhaltloses Bekenntnis zu Techno.
6. Planet E (Radiosender)
Mit 14 gewann ich bei diesem Sender Tickets für die Loveparade in Berlin. Als ich sie abholte, sah ich Michel de Hey. Er war der bekannteste DJ Hollands. Ich sah auch zum ersten Mal Plattenspieler und Vinyl. Das war ein spiritueller Moment. Ich wollte gar nicht unbedingt selbst auflegen, sondern bloß Teil dieser Welt sein. Michel und die anderen mochten mich, weil ich so fasziniert von der Musik war. Sie wirkte fremdartig, wie Klänge aus dem Weltall. Ich hatte keine Idee von den Musikern oder dem Nachtleben. Ich ließ mich allein von den Klängen leiten. Diese Erfahrung prägt mich bis heute.
5. Harbour Club Restaurant
Meine Freundin und ich gehen im Sommer oft montags in den Harbour Club, dort gibt es das beste Sushi der Stadt. Dieses piekfeine Lokal befindet sich lustigerweise in dem Gebäude, in dem früher das Parkzicht [Club] lag. Dort erfand Paul Elstak Hardcore.1996 gab es auf einer Party eine Schießerei und der Laden musste schließen. Ich ging mit Richie Hawtin dort essen, als ich ihn ins Toffler buchte. Er erkannte den Laden sofort. Er spielte dort einmal mit F.U.S.E. harten Acid. Aber den Leuten war es nicht hart genug, sie waren stumpf. Da begriff er, dass Rave keine Zukunft hatte, und er begann Plastikman.
4. Clone Records
Ich fragte Michel de Hey, woher er seine Platten bekommt. So entdeckte ich die Plattenläden. Von da an verbrachte ich dort mein ganzes Leben. Der Besitzer von Basic Beat bot mir an, in seinem Laden zu arbeiten, weil ich ohnehin die ganze Zeit dort war. So schmiss ich die Schule mit 15. Damals gab es in einer einzigen Straße in Rotterdam acht Plattenläden allein für elektronische Musik. Davon existiert heute nur noch Clone. Mit 15 habe ich von Serge, dem Besitzer des Ladens, eine meiner ersten Platten gekauft.
3. Altes Apartment im Zentrum
Ich führe ein zurückgezogenes Leben. Wenn ich mal zu Hause bin, bleibe ich auch zu Hause. Ich treffe selten Freunde und gehe kaum in Restaurants. Ich verbringe viel Zeit in meinem Studio, ich mache auch meine Bookings selbst. Ich sitze am Computer und arbeite, obwohl ich das nicht als Arbeit ansehe. Oder ich ruhe mich aus und sehe mit meiner Freundin fern. Mit 25 hatte ich eine Quarterlife-Crisis und überlegte, ins turbulente Amsterdam zu ziehen. Letztlich akzeptierte ich, dass ich bin, wie ich bin. Damit bin ich zufrieden. Das ist der Ausblick aus meiner alten Wohnung, aus der ich jetzt nach zehn Jahren ausziehe.
2. Neues Apartment an der Neuen Maas
Ich habe immer in Hochhäusern gelebt, weil ich große Angst vor Ratten habe. Das war auch einer der Gründe, warum ich nicht nach Amsterdam gezogen bin. In der Altstadt dort leben viele Ratten. Meine neue Wohnung liegt im 21. Stock, man blickt auf die Neue Maas. Einmal arbeitete ich dort schon im Studio und plötzlich winkte jemand von draußen. Ich habe mich total erschrocken. Das war der Fensterputzer, der kommt einmal im Monat vorbei. In meiner alten Wohnung war das ein Running Gag: Du kommst gerade aus der Dusche und da steht er vor dir.
1. Toffler (Club)
Toffler ist buchstäblich ein Undergroundclub. Er liegt nämlich in einer alten Fußgängerunterführung. Für mich ist dieser Laden wie mein Wohnzimmer, ich spiele dort achtmal im Jahr. Wenn ich ein langes Set spielen will, gehe ich dort hin. Ich kann mir sicher sein, dass die Leute mich auf meiner Reise begleiten. Ich gehe nie in Bars, ich finde das komisch, ich plaudere nicht gerne. Clubs sind etwas anderes, da gehe ich hin, um die Musik zu hören. Das ist etwas anderes, da stellt die Musik eine Verbindung zwischen den Menschen her. Da kann ich dann auch gesellig und witzig sein.