Für das erste Album konnten zwei Legenden aus der Kölner Kraut-Vergangenheit gewonnen werden – der einstige Dunkelziffer-Gitarrist Dominik von Senger und Jaki Liebezeit. Auf den zwei Stücken „Cocos“ und „Macchina“ ist der vielleicht beste Schlagzeuger aller Zeiten zu hören. Am Morgen des 22. Januar verstarb das Can-Gründungsmitglied im Alter von 78 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung. Marcus Worgull erinnert sich gerne an die Zusammenarbeit mit dem Ausnahme-Drummer: „Bei einem ersten Treffen erklärte ich Jaki Liebezeit, worum es geht. Er fand alles prima. Prima war sein Lieblingswort. Das hat mir sehr gefallen. Irgendwann waren wir zu Aufnahmen verabredet. Wir legten eine CD ein, dazu trommelte er dann vor sich hin, bis er sein Pattern fand. Das nahm ich dann auf. Ich verhielt mich ihm gegenüber sehr respektvoll und redete nicht rein. Er erklärte mir auch seine Konzeption, wieso er das Schlagzeug auf diese ganz spezielle Art und Weise aufbaute – sehr spannend! Großartig war es, einfach mit ihm zusammenzusitzen und Tee zu trinken, während er Geschichten erzählte. Jaki Liebezeit konnte sehr gut erzählen. Trotz seines hohen Alters trat er noch regelmäßig auf und mischte bei neuen Projekten mit.“

Das aktuelle Album von Vermont knüpft direkt an den Erstling an. Es bleibt also bei Musik, die einen, so Plessow, „auf respektvolle und distanzierte Art und Weise berührt“. Doch die neuen Stücke wirken bei aller Homogenität des Sounds einen Tick verspielter, ja jazziger, wenn auch nicht vordergründig. Der 31-Jährige ist ein großer Jazzfan, und das bereits seit Teenagertagen. Er sei unter anderem mit Spiritual Jazz aufgewachsen, also einer sehr fordernden Musik: „Man muss sich hinsetzen und zuhören, was anderes kann man währenddessen nicht machen. Je älter ich werde, desto mehr habe ich das Bedürfnis nach Musik, die Freiräume schafft, die mir nicht zu sehr ihre Meinung aufdrückt. Gerade im Jazz ist es schwierig, so etwas zu finden, das jetzt nicht diesem Starbucks-Coffeetable-Jazz-Klischee entspricht und trotzdem ein Stück weit avantgardistisch ist, ohne diese Linie zu überschreiten. Deshalb hat Vermont wohl diesen Jazzbezug.“

Dass sich die beiden doch recht zügig an ein zweites Album machten, ist dem Erfolg des Debüts zu verdanken. Vermont war als entspanntes Nebenprojekt an den Start gegangen, es war eine willkommene Abwechslung im Alltag zweier DJ-Karrieren. Vor allem aber seien die vielen positiven Reaktionen von doch sehr unterschiedlichen Leuten ein Ansporn gewesen, die Sache weiterzuverfolgen. So erzählt Plessow von einem Plattenhändler um die 60, den er im Nebenraum einer Berliner Party, für die er gebucht war, kennenlernte. Im Gespräch stellte sich heraus, dass der Mann die Krautrock-Zeiten miterlebt hatte und sich bereits auf das neue Vermont-Album freute. „Solches Feedback ist unheimlich toll. Das bedeutet mir viel mehr, als wenn mir irgendwelche MDMA-Kids sagen, wie amazing sie mich gerade finden.“ Sein Kölner Studiopartner ist nicht minder dankbar angesichts all der vielfältigen Reaktionen: „Bisher habe ich ja nur Clubmusik produziert. Das Feedback, das man da bekommt, beschränkt sich im Großen und Ganzen auf: ‚Geht gut ab!‘ So toll das ist, es ist schon sehr limitiert.“

Ausbruch aus dem DJ-Alltag

Uneins sind sich die beiden noch, was die Aussicht betrifft, die Musik von Vermont eines Tages live umzusetzen. Natürlich würden die beiden nicht mit zwei Laptops auf der Bühne stehen, es müssten schon Synthesizer aufgebaut werden, stellt Worgull klar. „Außerdem versteht sich von selbst, dass unsere Gigs nicht um zwei Uhr nachts während einer Clubnacht stattfinden könnten. Das müsste schon um 17 Uhr bei Sonnenschein passieren.“

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