Foto: Franz Grünewald (Alex.Do)
Teil des Features Digging im digitalen Zeitalter aus der Groove 163 (November/Dezember 2016).
Mit welchem Medium legst du hauptsächlich auf?
Ich spiele mittlerweile eigentlich zu 100% mit dem USB-Stick. Ganz selten gibt es mal die Ausnahme und ich nehme Schallplatten mit. Leider sind meiner Meinung nach die Möglichkeiten zum Vinylspielen mittlerweile sehr schlecht.
Gehst du noch regelmäßig in Plattenläden?
Oh ja. Einmal im Monat mindestens.
Wie entdeckst du alte Musik?
Dadurch, dass ich mittlerweile eine recht große Musiksammlung mein Eigen nenne und ich mir die unterschiedlichen Artists auch genauer anschaue, passiert es eigentlich automatisch, dass ich noch andere Projekte und Kollaborationen, oder auch neue Labels entdecke, auf denen dieser oder jener Künstler dann auch veröffentlicht hat. Aber natürlich spielt auch mein alltägliches Surrounding mit in die Musikfindung rein. Sei es ein Facebook-Newsfeed oder die Empfehlung eines Freundes. Soundtracks von Filmen finde ich auch sehr wichtig, da ich dadurch schon tolle Sachen gefunden habe.
Hat sich und wenn ja: wie hat sich Diggen deiner Meinung nach verändert?
Das kann ich nicht so genau beurteilen. Oder doch. Ich denke, dass sich durch die Einführung einer Enzyklopädie wie Discogs vieles geändert hat, da dort nicht alles, aber sehr, sehr viel gelistet ist und man sogar auch noch einen Marktplatz vorfindet. Dieser ist meiner Meinung nach manchmal – speziell wenn es um die Preispolitik geht – sehr extrem und auch nicht selten fern ab der Realität, aber dennoch ist es sicher nicht verkehrt, einen Richtwert zu haben. Durch das Spielen von Files hat sich für mich das Diggen dahingehend verändert, dass ich nun, bevor ich mir das Objekt der Begierde sofort bei Discogs kaufe, erst einmal noch bei Beatport etc. gucke, ob es die Tracks auch dort digital zu kaufen gibt; die Platte muss ich dann jedoch so gut wie immer doch kaufen… It’s a hell of a drug. Eigentlich geschieht der Großteil meiner Recherche über das Internet. Auch die Suche nach Represses etwa lässt sich am besten durch dieses Medium eruieren, finde ich. Insofern finde ich, dass das Internet eine große Bereicherung ist und dadurch Musikwelten zugänglich gemacht werden, die in einer Prä-Internet-Zeit eventuell in ihren Ländern versteckt blieben, da sie einfach zu nischenhaft oder unkommerziell waren. Nehmen wir Library Music, um ein Beispiel zu nennen.
Geht das überhaupt: Digital Diggen?
Um ehrlich zu sein, habe ich es anfangs gar nicht anders kennengelernt. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich mich in den unendlichen Weiten Discogs’ verlieren konnte; ein Tab für Discogs, einer für YouTube und dann ging es ab. Das war super spannend und der Prozess sah wie folgt aus: ich habe einen Künstler oder ein spezifisches Release auf Discogs gesucht und gefunden, dann habe ich mir beispielsweise die Künstlerseite angesehen und festgestellt, dass dieser zum Beispiel einen Alias hat, den ich noch nicht kenne. Den habe ich mir dann auch angesehen und mich durch ein paar Releases gehört. Dann kommt es vor, dass bei YouTube auf einmal andere Tracks vorgeschlagen werden, die eventuell dazu passen. Diese höre ich mir dann auch an und finde Gefallen an einigen und suche sie bei Discogs. Dann habe ich entdeckt, dass der eben gesuchte Interpret eine mir bis dato unbekannte Kollaboration mit einem anderen Musiker hat, den ich total mag. Auch das höre ich mir mal an. Diese Kollaboration ist auf einem Label erschienen, das ich auch noch nicht kenne; da muss ich mich jetzt erst einmal durchhören und entdecke dabei wieder neue Musiker, die ich auch noch nicht kenne. Und so kann sich das bis ins Unendliche fortsetzen; es sind etliche Stunden vergangen, man ist viele Euros los und ungemein glücklicher.
Wenn du reist, nimmst du dir vor/nach deinen Gigs Zeit, in Plättenläden zu diggen?
Ja, das versuche ich schon ab und zu, wenn denn Zeit ist. Das ist leider nicht so oft der Fall.
Kann man auf Flohmärkten noch fündig werden und ist das ein Relikt aus vergangenen Zeiten?
Naja. Um eine wirklich besondere und wertvolle Platte auf einem handelsüblichen Flohmarkt, bei dem jemand neben den ganzen anderen Sachen ein bis zwei verstaubte Kisten mit Schallplatten vom Dachboden hingestellt hat, zu finden, muss man schon viel Glück haben, denke ich. Aber es passiert schon ab und zu mal. Auf Flohmärkten kaufe ich eigentlich immer mal so ein, zwei Platten aus den 80ern, die ich schon immer mal haben wollte. Oder auch mal welche, bei denen ich einfach das Cover schön finde.
In welcher Record Stores/Flohmärken diggst du am liebsten?
HHV ist der Plattenladen meines Vertrauens. Dort kaufe ich jeden Monat immer sehr viele Alben und speziellere Sachen, die man alle dort finden kann. In der Space Hall bin ich leider nicht mehr so oft wie früher, aber ab und zu gehe ich dort noch hin um nach alten Techno Platten aus den 90ern zu suchen – und zu finden. Meine monatliche Bestellung an Dancefloor orientierten Schallplatten mache ich zu 99% bei Decks.de. In Berlin gibt es dann noch den Audio-In Laden – und noch andere großartige Second-Hand-Plattenläden, wo ich ab und zu mal vorbei gehe und immer etwas von Interesse finde.