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Delta Funktionen

Wasteland (Radio Matrix)

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Wie viele Seelen in der Brust von Niels Luinenburg wohnen, wird der Niederländer wohl nicht mal selber beantworten können. Und das ist auch gut so, wandert sein Projekt Delta Funktionen schon immer irgendwie zwischen den Welten. Noch bevor 2008 seine ersten EPs auf Ann Aimee und Delsin erschienen, arbeitete Luinenburg in seiner Heimat Leeuwarden im Plattenladen Deeptrax Records. In diesen Jahren vertiefte er sein Interesse für Detroit Techno und Chicago House, und auch wenn etwa die Disco-Schätze des Shops das offensichtliche Fehlen einer vitalen Szene in der Provinz verringerte, zog es den Luinenburg vor ein paar Jahren doch nach Berlin. Dort angekommen, konnte sich der Niederländer im Vergleich zum Gros seiner Kollegen durch seine kompromisslose Immunität gegenüber den „Berliner Spielregeln“, die von der Mehrheit, in der Hoffnung mehr Gigs zu bekommen, so schablonenhaft befolgt wird, absetzen.

Am deutlichsten wird dies durch das bewusste Wagnis, einen Kontrast zwischen dem Produzenten einerseits und dem DJ Delta Funktionen andererseits zu erhalten. Wurden seine ersten EPs vor allen Dingen in die Techno-Schublade verfrachtet, sind seine DJ-Sets eklektische Wundertüten. Italo, House, Electro, Dub und Techno – beinahe alle Kapitel der elektronischen Tanzmusik finden ihren Platz. Traces, sein Debütalbum von 2012, deutete diesen Fusionsgedanken bereits schön an. Auf seinem eigenen Label Radio Matrix, das bei Hardwax nicht ohne Grund ein eigenes Fach besitzt, erzählt Delta Funktionen aber die Geschichte seiner wahren Liebe: Electro.

Passend zum Narrations-fixierten Genre ist seine vierteilige EP-Serie Wasteland voll von Anspielungen zum Computerspiel Commander Keen, in dem ein kleiner Junge sich auf Abenteuerreise durch die Weiten der Galaxie begibt. Ob nun als einzelne Vinyl-Maxis oder als zusammengefasste CD: Wasteland ist das mit Abstand zwingendste Qualitätsalbum des Genres seit einer gefühlten Ewigkeit. Das Gerüst bildet analoge Hardware, aus denen Luinenburg nicht nur fette Basslines und wahnsinnig melodische Hooks entlockt. Beeindruckend ist vor allem sein Traditionsbewusstsein für den Electro der alten Schule, der aber nicht bei der üblichen Referentialität aufhört, sondern durch das Ausreizen des unterschwelligen Funk-Potentials von Acid und Techno ein vielscheckiges Dancefloor-Design erhält. Dreckig, düster, deep, unterhaltsam, maßvoll, ausgeflippt, episch, knisternd – oder anders: Nicht ohne Grund gilt Delta Funktionen als Crossover-Genie.


Stream: Delta FunktionenWasteland

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