“Nach 21 Jahre kann man nicht einfach so aufhören”, sagen Chris Wood & Meat (alias Christopher Holz und Carsten Schuchmann) und tun es doch irgendwie: Die beiden wollen den von ihnen betriebenen Plattenladen Freebase in Frankfurt in vertrauenswürdige Hände abgeben. Wir haben mit ihnen über die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Plattenladens gesprochen.
Nach 21 Jahren wollt ihr den Laden nun in fremde Hände abgeben. Vinyl verkaufte sich 2015 besser als in den anderthalb Jahrzehnten zuvor, aus wirtschaftlichen Gründen handelt ihr vermutlich also nicht. Warum möchtet ihr aufhören?
Wir haben in den letzten 21 Jahren ganz viele tolle Sachen erlebt, tolle Freunde und Kollegen getroffen, sind vier Mal umgezogen, haben den Einbruch des Vinyl-Marktes überlebt und haben in erster Linie ganz viel tolle Musik gehört und diese ganz vielen Menschen näher gebracht. Jetzt ist es aber an der Zeit neue Ufer und Aufgaben zu erkunden. Die wirtschaftliche Situation hat mit unserer Entscheidung nichts zu tun sondern ist bei uns beiden ganz persönlicher Natur. Eine gewisse Müdigkeit nach so vielen Jahren spielt natürlich auch eine Rolle.
Ihr habt uns auch gesagt, dass ihr neue Aufgaben in Angriff nehmen müsstet, um den Zug nicht zu verpassen. Was bedeutet das? Mit welchen neuen Aufgaben sehen sich Betreiber von Plattenläden 2016 konfrontiert?
Wie du schon erwähnt hast, läuft Vinyl so gut wie seit Jahren nicht mehr. Nach unserer Einschätzung, wird dies auch genauso weiter gehen. Von daher heißt die Vinyl-Devise für 2016: Angriff! Mit kleinen Labels direkt dealen, Präsenz im Internet, 2nd Hand anbieten, etc. Das alles heißt mehr Arbeit als noch vor 15 Jahren, als es nur 5-10 Vertriebe gab, von denen man seine Platten bezogen hat. Jetzt heißt es dran bleiben an kleinen und kleinsten Labels um bloß nicht die Mini-Auflage zu verpassen um sie seinen Kunden anzubieten. Der Zug für uns wird ein anderer sein. Trotzdem freuen wir uns natürlich über noch mehr Vinyl immer und überall.
Im Laufe der zunehmenden Digitalisierung stand es vor einigen Jahren jedoch noch sehr schlecht um Vinyl. Wie habt ihr den damaligen Einbruch erlebt?
Da waren wir natürlich, so wie fast alle Läden, kurz vor dem Aus. Als die Kurve steil nach unten ging, hieß es einfach durchhalten. Viele Kollegen aus dem Business haben das nicht geschafft. Leider! Danach kam eine sehr lange Zeit auf einem niedrigen, aber konstanten Level. Damit konnte man rechnen und kalkulieren und jetzt geht es wieder richtig ab.
Was ist eure Prognose: Wird sich der aktuelle Hype überhaupt halten?
Wir denken ja, das wird noch einige Jahre so weitergehen. Sei es im DJ-Biz oder noch viel mehr ausserhalb im Indie-Bereich.
Überhaupt: Was sind die denkwürdigsten Erinnerungen, die ihr aus eurer Zeit mit Freebase mitnehmt?
Tolle Momente gab es haufenweise. Wenn wir uns aber an so manche Freitag Abende erinnere, wenn bekannte DJs aus allen Ländern und den lokalen Größen sich gegenseitig die Platten im Laden vorgespielt haben und danach um die letzten Kopien gestritten haben, war das rückblickend schon eine lustige und natürlich, aus Freebase-Sicht, erfolgreiche Zeit.
Ihr sucht eine Nachfolge, anstatt den Laden komplett zu schließen. Warum habt ihr euch für diese Option entschieden – ist euch Freebase als Institution noch so wichtig, dass ihr sie erhalten sehen möchtet?
Nach 21 Jahre kann man nicht einfach so aufhören. Freebase ist Chris und mir ans Herz gewachsen wenn man es von klein auf groß gezogen hat. Wir würden uns freuen, wenn es jemand weiterführt, der genauso viel Herzblut reinsteckt wie wir es über all die Jahre gemacht haben. Und wenn er noch ein klein wenig Power on top gibt, freuen wir uns umso mehr.
Was werdet ihr nun mit der neu gewonnenen Freizeit anfangen?
Erstmal werden wir mit unseren Mädels den ganzen Sommer am See rumliegen, dann Kinder auf die Welt bringen, mit dicken Autos Weltreisen starten, Golf spielen, was man halt so macht als reicher Ex-Plattenladenbesitzer. Ist doch klar! Spaß beiseite, wir werden der Musik natürlich erhalten bleiben und uns erst einmal vermehrt um unsere Chris Wood & Meat-Produktionen kümmern die durch die Doppelbelastung in letzter Zeit etwas zu kurz kamen. Natürlich werden wir weiterhin auch auflegen. Was dann noch kommt werden wir sehen. Aber die Musik bleibt, wir haben Rave im Blut und das ist auch gut so!