Louis Carnell macht Ernst. Safe erkundet den transatlantischen Raum zwischen Footwork und Grime. Der in London lebende Visionist, wie sich Carnell nennt, veröffentlicht hie und da. Wobei „Grime“ auch Chiffre bleibt. Dubstep schwingt schon mit im Eröffnungsstück „You Stayed“ mit seinen hochgepitchten Vocal-Samples. „Victim“ mit seinen Pistolensalven dockt sogar direkt an die ganze Dancehall-Geschichte an: Im Grunde eröffnet Visionist mit diesem Album ein neues Kapitel in der Geschichte des Hardcore Continuums. Dass Safe dabei so gut wie keine Beats benutzt, fällt nur am Anfang auf. Denn mit jedem Durchlauf wird klar, wohin all die Energie gechannelt wird. Statt auf Durchschlagskraft setzt Visionist auf Volumen. Seine Stücke sind Aluminiumplastiken und glänzen und treiben auf Wasser. Zunächst klingt das simpel, ja, „Sin-cere“ scheint mit seinem altmodischem Synthesizer und Human-Voice-Klängen aus erster Generation sogar auf Ambient zu angeln. Doch die Arithmetik steckt in den Zählzeiten. Die Dynamik aus Rasanz und Bremsweg ergibt sich auch ohne Subbässe und Tunnel-Bassdrums. Dieser Hardcore klingt, wie Gänseblümchen riechen. Und er ist es: puristisch.
Stream: Visionist – Victim