Mit ihrem dritten Soloalbum steht Róisín Murphy zwar immer noch in der Disko. Aber es ist weder die nerdige Schlafzimmer-Disko ihres ersten Albums Ruby Blue von 2005, noch das Haçienda-Replikat von Overpowered 2007. Sondern ein geschmackvoll abgeranztes Etablissement, das früher mal ein Burlesk-Varieté war und in dem heute eine multisexuell besetzte Band beschwingt aufspielt, inklusive der einen oder anderen entschlossenen Bassdrum. Murphy selbst will diese Platte unter der Berücksichtigung von düsterem europäischem Disco, Grace Jones und Casablanca Records verstanden wissen, also gar nicht mal so anders als die Vorgänger. Aber hier schluchzt nun zwischendurch auch mal Countrysoul auf, Edith Piaf heiligenscheint, oder ein Synthesizer-Torchsong weht durch. Nach „Overpowered“ und seinen sich in alle Hirnwindungen und gewundenen Beine hineinschraubenden 303-Sequenzen kann man es zwar bedauerlich finden, dass die Hittigkeit etwas verloren gegangen ist. Aber Murphy ist nun auch schon jenseits der 40, und immer nur durchgeravete Nächte auf Acid bringen es halt irgendwann nicht mehr. Erwachsener kann man heute jedenfalls kaum in die Disko gehen – was gut und schade zugleich ist. Respektabel ist es auf jeden Fall.
Video: Róisín Murphy – Exploitation