Dass Daniel Ansorge alias Barnt ein schlauer und hochreflektierter Mensch sein muss, zeigte sich bereits in dem eigenartigen aber doch unwiderstehlichen Sog, den sein bekanntester Track „Geffen“ auf die Aufmerksamkeit sowohl der Clubtänzer als auch der Sofaelektronik-Connaisseure ausüben konnte. Die listige Mischung aus brachial minimalen Beats und Bässen mit überaus markanten, tonal immer leicht neben der Spur fiependen Preset-Fanfaren, montiert mit einem sicheren Gespür für die angemessene Portion Primitivität, hat vor zwei Jahren den Zeitgeist getroffen und dem Label Cómeme einen Riesenhit beschert.
Das Paradox, das diesem Sog zugrunde liegt, ist, dass Barnts Tracks kein Geheimnis besitzen, sondern einen Überschuss an Sinn und Zweck aus dem wenigen holen, das ungekünstelt einfach da ist. Die Tracks sind durchweg funktional, ihre schlichte Konstruktion wird freimütig kommuniziert. Sie bestätigen das Klischee, dass es gerade die einfachsten Dinge sind, die einen besonders scharfen Geist und einen besonders großen Aufwand benötigen um richtig gut zu werden. So atmen fast alle von Barnts Stücken den Geist der reduktiven Bauhaus-Moderne, wirken in ihrem druckvollen Drang zur feiernden Ausschweifung aber doch offen.
Wie Ansorge dieses theoretisch simple wie praktisch anspruchsvolle Erfolgsrezept für sein Debütalbum auf dem eigenen, zusammen mit John Harten und Jens-Uwe „Popnoname“ Beyer betriebenen Label Magazine für die lange Strecke urbar machen konnte, ist beeindruckend. Die Unterschiede zu den EPs sind eher graduell als prinzipiell. So wirkt Magazine 13. mitunter eher introvertiert denn martialisch ravend.
Andererseits – noch so ein hochinteressantes Paradox im System Barnt – ist das Album aber auch ausufernd und psychedelisch im Sinne von Krautelektronik und frühem deutschen Synthesizer-Pop. Damit ist es konzeptuell wie emotional meilenweit entfernt sowohl vom sauberen Loop-Minimal Richie Hawtins wie auch vom klöppelnden Klangfetischismus Ricardo Villalobos’. Allenfalls der Sound der zweiten Generation von Detroit-Produzenten wie Octave One oder Robert Hood weht als ferne Erinnerung durch Tracks wie „All The Alts I’mm Holding Are Hurting“. Faszinierend, wie Barnt es schafft, noch dem unauffälligsten Stück eine immense (auch Bedeutungs-) Schwere zu verleihen, als müssten erst Felsmassive abgetragen, verrostete Tanker aus dem Dock geschleppt und dabei Kierkegaard-Gesamtausgaben durchgearbeitet werden, um einen einfachen wie geraden Beat loslaufen lassen zu können. Schwerarbeit ist Kunst.
Stream: Barnt – 22:25