Eine von 100 Listen zum 25-jährigen Groove-Jubiläum, erstmals erschienen in Groove 151 (November/Dezember 2014)
Loben kann (fast) jeder, die hohe Kunst der Kritik ist der gelungene Verriss. Denn wenn es ein Autor wagt, das Werk eines Künstlers zu kritisieren, dann sollte er gute Argumente haben. Oder zumindest eine kunstvoll gespitzte Feder, um die richtigen Wirkungstreffer zu setzen, ohne in belanglose Beleidigungen abzudriften. Zum 25-jährigen Groove-Jubiläum haben wir das Archiv durchforstet und zehn Volltreffer herausgesucht.
Dolphin – Blue Planet (Logic Records 147)
„Brehms Tierleben in Trance-kompatibler Form: Wer vorher noch Delphine mochte, gewöhnt sich das spätestens nach diesem billigen Cosmic Baby-Rip-off ab.“
Jochen Ditschler in Groove 30 (Oktober/November 1994)
David Carretta – Le Catalogue Electronique (International Deejay Gigolo)
„Carretta komprimiert den Sound bis zu einer Dichte, die nur noch als stumpf rockender Post-EBM wahrgenommen werden kann. Einen peinlichen Abgang verschafft sich das Album zudem durch eine komplett lächerliche Coverversion des alten Schulfetenhits „Ca Plane Pour Moi“ und dem kleinen Kunststück, ein Devine-Potpourri ohne einen Funken High Energy auskommen zu lassen.“
Thilo Schneider in Groove 61 (Dezember 1999/Januar 2000)
Sven Väth – Contact (Virgin)
„Doch Väth hat seinen Hang zur pathetischen Selbstdarstellung nicht wirklich unter Kontrolle, sie hat sich nur aus der Musik herausgehalten und ist in dem Bedürfnis nach ausgiebigem Gebrauch seiner Stimme aufgegangen. Väth suhlt sich dabei in hemmungsloser Off-Regression („Apricot – Balla Balla“) und verwechselt surrealistischen Witz mit purem Unsinn.“
Thilo Schneider in Groove 62 (Februar/März 2000)
Hildegard Knef – The Reform Sessions (Popup-Records)
„Wie aber wird Hildegard Knefs immer etwas neben der Spur liegende Stimme in sequentielle Musik gepackt funktionieren? Was soll das überhaupt? Und was hat das mit Respekt zu tun, irgendwelche talentbefreite Coffeetable-Mucker Knefs Gesang auf extrem lasche Plänker-Breakbeats und 08/15-Preset-Sounds zu quetschen? Das ist doch alles wirklich nur noch traurig.“
Thilo Schneider in Groove 76 (Juni/Juli 2002)
False – False (Plus 8)
„False ist bloß holprig, ein intensiverer, bedingungsloserer Kick entsteht nicht. Aber wer will, wenn er die künstlichen Paradiese gesehen hat, in die dreckigen Ruinen zurück? Irgendwas müsste schon angeboten werden: Hässlicher ist kein Argument.
Alexis Waltz in Groove 82 (Juni/Juli 2003)
Black Strobe – A Remix Selection (Playlouderecordings)
„Auf A Remix Selection langweilen irgendwann die immer ähnlich klingenden, fahlen Sirenen und die sägenden Basslines. Man fragt sich, wo das existenziell verbindliche Moment von Black Strobes Musik liegt, oder ob sie bloß auf zynisch-ironisches Herumprollen zielt.“ (zum vollständigen Review)
Alexis Waltz in Groove 104 (Januar/Februar 2007)
Butch – Eyes Wide Open (Bouq. Records)
„Butchs zweites Album ist schockierend belanglos. Eyes Wide Open nähert sich gefährlich der Schwelle, die House von fahrstuhltauglichen Musikstilen wie Easy Listening oder Trip Hop trennt. Die Grooves sind durch und durch gefällig, das Klangarsenal, die Effekte und Breaks stereotyp. […] Fast alle Tracks des Albums sind in die gleiche Hallsoße gehüllt. Bestürzend.“ (zum vollständigen Review)
Alexis Waltz in Groove 128 (Januar/Februar 2011)
Gesaffelstein – Aleph (Parlophone)
„Das ist alles recht vorhersehbar, eintönig und zu Stadion-affin. Gesaffelstein macht Musik für die Generation Ich-mach-auf-Events-massenhaft-Handyvideos oder Ich-scheiß-auf-die-Mucke-Ich-will-hart-feiern. Genau: Next.“ (zum vollständigen Review)
Sebastian Weiß in Groove 145 (November/Dezember 2013)
Anthony Rother – Netzwerk der Zukunft (Psi49net)
„Verzerrte Vocals käuen Buzzwords aus dem Techno-Jargon wieder. […] Das klingt auf mehreren Ebenen ziemlich dated. Zukunftsglaube altert zwar nicht, jedoch ist das, was Rothers schwerer Elektro – mit teutonischem Kraftwerk-K – als Morgen behauptet, heutzutage doch schon Gestern.“ (zum vollständigen Review)
Kristoffer Cornils in Groove 148 (Mai/Juni 2014)
Hamlet – Piano (Stil vor Talent)
„Wenn alle Schnapsideen so endeten, dürften bald die ersten Online-Petitionen für die Einführung der Prohibition in Deutschland plädieren.“ (zum vollständigen Review)
Kristoffer Cornils in Groove 151 (November/Dezember 2014)