Es ist seit mehr als zwanzig Jahren dasselbe: Wann immer man meint, dass Housemusik sich nur noch der Denkmalpflege widmen würde, kommt da irgendwer, der die altbewährte Formel so frisch und aufregend verpackt, dass man glaubt, es breche sogleich eine kleine Revolution über einen herein. In diesem Jahr veröffentlichte erst Leon Vynehall eine großartige Mini-LP. Nur wenig später bringt der in London lebende Australier Griffin James, der sich Francis Inferno Orchestra nennt, einen Longplayer heraus, der ebenfalls durch und durch zu begeistern weiß. Vergangenes Jahr zog es ihn von Melbourne nach London. Dort traf er gleich alte Bekannte aus seinem Heimatland wieder, so etwa Tyson Ballard, den Macher des Labels Voyeurhythm, das dankenswerterweise A New Way of Living herausbringt.
Was musikalisch auch immer in Australien blühen mag, es blüht aus europäischer Perspektive weitgehend im Verborgenen. Griffin James selbst hält sein Heimatland für eine „copycat nation“. Vorbildern nacheifernd fing er mit 18 oder 19, als er seine ersten Platten produzierte, auch selbst an. Damals orientierte sich der heute 23-jährige noch stark an dem seinerzeit angesagten SloMo-Disco-Sound von Leuten wie Mark E oder The Revenge. Irgendwann fand er diese immergleiche Formel nicht mehr so richtig cool. Inzwischen hat der Australier jedoch einen wirklich eigenen Stil gefunden. Als Inspiration für seine Musik nennt James ganz offen Theo Parrish. Und ja, verleugnen lässt sich das beim Hören dieser gleichermaßen polternden wie deepen LP nicht. Das Fundament der Francis Inferno Orchestra-Tracks sind heute schmutzige, mit der MPC programmierte Beats, die durchaus verraten, dass James seine ersten musikalischen Gehversuche in der HipHop-Welt unternahm. Eine Spätfolge seiner Begeisterung für die Beats von Leuten wie J Dilla oder 9th Wonder ist auch seine Liebe zum Sampling. Auf „First Light“, dem ersten Track der LP, zieht von Anfang bis Ende ein perlendes Pianosample seine Kreise. Stets ist es ein klitzekleines bisschen neben der Spur – typisch für die Arbeitsweise von James. Das betrifft auch sein Faible für Disco-Samples, die gerne mal eine herzerwärmende Melancholie verströmen, so etwa auf „Ellingfort Road“ oder „G.A.B.O.S.“ Mit nur sieben Tracks mag A New Way Of Living in Sachen Spieldauer zwar nur ein ganz kleines Album sein. Doch dieses Weniger ist, was die musikalische Klasse angeht, definitiv ein Mehr. Francis Inferno Orchestra ist hier ein ganz großer Wurf gelungen.
Stream: Francis Inferno Orchestra – A New Way Of Living (Preview)