Das Mysterium Kraftwerk? Eine neue Biografie als des Rätsels Lösung? Das ist doch alles irgendwie Humbug. Das Geheimnis über die natürlich einflussreichste deutsche (Kanon-) Band ist doch schon längst gelüftet. Wir wissen, dass Ralf Hütter und Florian Schneider-Esleben nicht nur die Köpfe der Band waren, sondern seit den Anfangstagen in den siebziger Jahren ein elitäres Regiment führten, um Kraftwerk zu Weltruhm zu verhelfen. Sie waren eben Künstler und Geschäftsmänner. Nach Biografien über Elton John, David Bowie oder Roxy Music untersucht der Journalist und Wissenschaftler David Buckley unautorisiert die Düsseldorfer Pioniere, ohne dabei – vorhersehbar – mit den beiden Masterminds ein Wort gewechselt zu haben. Aber es ist schon unterhaltsam, wie sich der Brite darüber lustig macht, dass die Deutschen im ZDF-Voting lieber Nena oder Herbert Grönemeyer als die großen Deutschen feiern. Buckley gelingt eine schöne Einordnung des Gesamtkunstwerks Kraftwerk, gerade was den sozialen und kulturellen Kontext angeht.
Auch wenn vieles nach einigen BBC-Dokumentationen oder dem lehrreichen Buch von des stellvertretenden Musikexpress-Chefredakteur Albert Koch nicht neu ist, bilden die zahlreichen Interviews mit Weggefährten und Betrogenen (Conny Plank) sowie den ehemaligen Mitgliedern (Karl Bartos & Wolgang Flür) dennoch ein recht umfangreiches Mosaik über die Roboter. Ablenkend ist mitunter die Detailliebe, die sich leider weder über Detroit noch über HipHop auslässt. Schade. Denn Buckley outet sich als Fan, doch Fan sein heißt emotional sein. Die Emotionen fehlen den vierhundert Seiten leider, was auch an der etwas zu sachlichen Übersetzung liegen kann. Trotzdem formuliert er ein paar schöne Gedanken, etwa: „Kraftwerk könnte vielleicht weniger eine Band als vielmehr eine Idee sein. In 20, 30 Jahren könnte Kraftwerk mit komplett anderen Musikern weitermachen. So könnte es sie weitere 200 Jahre in anderer Besetzung geben.“ Kraftwerk forever!