Zwischen London, Brooklyn und Los Angeles, um Labels wie Not Not Fun und Rvng Intl. hat sich in den vergangenen drei, vier Jahren eine hochinteressante junge, weibliche Homerecording-Szene entwickelt, in der zerlegte, verfremdete Stimmen, Synthesizer-Schraubereien und Feldaufnahmen auf spielerische Weise zu eigenwilligen, mehr oder weniger experimentellen Popsongs collagiert werden. Von dieser individualisierten Mikroszene starker Persönlichkeiten wie Laurel Halo, Holly Herndon oder Grimes hatte sich Julia Holter schon mit ihrem Album Ekstasis abgesetzt, vor allem über ihre immer durchscheinende klassische musikalische Ausbildung. Ihr jüngstes Album führt diese Bewegung weiter, weg vom kleinteiligen Klangexperiment hin zu wattierter Symphonik und exaltiertem Kammerpop, zwischen Joanna Newsom und Efterklang. Diese barock ausstaffierte neue Schlichtheit kommt Holters überragendem Songwriting zugute: Stücke wie „World“ oder „Hello Stranger“ sind Studien in elegischer Schönheit, die die Spannung zwischen privatistischer Melancholie und einem gesteigerten Kunstwillen nicht nur aushalten sondern transzendieren, und so mit den weltüberdrüssigen und extravaganten Großtaten von Scott Walker (etwa „It’s Raining Today“) oder Tim Buckley („Starsailor“) mithalten können.
Stream: Julia Holters – Maxim’s I