Will Wiesenfeld hat seinen Babyspeck verloren, nicht nur im Gesicht. Das zweite Album seines Indietronics-Alias Baths balanciert vorsichtig entlang der Abgründe dunkelster Seelenregionen. Diese verschattete Befindlichkeit überrascht, denn zu seinem Debüt Cerulean vor drei Jahren hat sich Wiesenfeld noch beim Knuddeln von Labradorwelpen im sommerlichen Park fotografieren lassen. Die vergrübelte Ernsthaftigkeit seiner introvertierten, nicht selten selbstquälerischen Vocals (die Themen reichen von Beziehungshass, Einsamkeit, Krankheit bis zu religiösem Wahn im Mittelalter) kollidiert allerdings kaum mit den noch immer luftig beschwingten Sounds. Darin bleibt sich Wiesenfeld in den Grenzen seines Genres Indietronics absolut treu. Er will nichts neu erfinden, sondern sich im Zentrum eines Stils festsetzen, der von Dntel bis Four Tet schon viele definitive Platten hervorgebracht hat. Verfrickelte, leicht verzerrte kleine Beats (zupackender und etwas gerader als zuvor), gesangliche Nabelschau und schwelgerischer Dreampop erfinden nichts neu, sind aber so unwiderstehlich freundlich und weltumarmend vorgebracht, dass ich Wiesenfeld alles abnehme – alles außer seiner schlechten Laune.
Stream: Baths – Ironworks