Dass Gerry Reads Debütalbum mit Spannung erwartet wurde, ist ausnahmsweise mal keine leere Floskel. Schließlich hat der junge Brite in den vergangenen zwei Jahren mit einer selbstbewussten und eigensinnigen Version von Samplehouse auch auf den Seiten dieses Magazins für helle Aufregung gesorgt. Reads Rezept, seine Stücke fast ausschließlich aus roh bearbeiteten Jazz-, Soul- und Disco-Samples zusammenzusetzen, und seine unkonventionelle Rhythmus-Programmierung brachten ihm jede Menge Lob ein. Auf Jummy bleibt Read diesem Strategie treu und hat mit ihrer Umsetzung auf Albumlänge doch etwas zu kämpfen. In manchen Fällen funktioniert der Ansatz hervorragend, wie bei „Evidence“, das mit seinen Filterfahrten so klingt, als hätte ein leicht betrunkener Etienne De Crécy die Regler geführt, dem wunderbar verspulten „Be Pushin (She)“, das Madlib mindestens so viel zu verdanken hat wie Moodymann, oder bei „Crawl“ mit seinen gekonnt geloopten Jazz-Drums. Über die gesamte Spieldauer hinweg offenbart sich jedoch ein Problem: Abgesehen von den kurzen Zwischenspielen sind praktisch alle Stücke gleich aufgebaut. Read beginnt immer mit einem einzelnen Drum-Loop, zu dem er nach und nach weitere Rhythmuselemente hinzufügt, bis ein Haupt-Samplethema folgt, das über den Rest des Stücks hinweg manipuliert und variiert wird. Als Clubtrack funktioniert jedes einzelne Stück so wunderbar, im Verlauf des Albums stellt sich jedoch bald eine gewisse Ermüdung ein. Ohne wirkliche dramaturgische Höhepunkte oder stilistische Ausreißer beginnen die Tracks in der Erinnerung immer mehr zu verschwimmen.
Stream: Gerry Read – Let’s Make It Deeper