Der Titel dieser Compilation lässt an Brian Eno und Kraftwerk denken. Gerd Janson hat Club-Acts wie Marcus Worgull, Motor City Drum Ensemble, Move D, Roman Flügel oder Osborne eingeladen, sich mit der elektronischen Musik vergangener Epochen zu befassen und sich von New Age, Space Disco, Fusion und Ambient zu einem Track inspirieren zu lassen. Man könnte einwenden, dass die genannten Stile zu unüberschaubar sind und die Aufgabe damit zu diffus. Aber diese Musikrichtungen haben alle etwas gemeinsam: Sie sind entstanden, bevor es Clubs gab. Die Musiker hatten damals noch keine bestimmte Situation vor Augen, in denen die Musik gehört werden sollte. Das macht den Wagemut von Acts wie Tangerine Dream oder Vangelis aus: Sie produzierten in der Isolation des Studios ohne greifbare Empfänger. Mal landeten ihre Sphärenharmonien in einem Jugendzimmer, in dem sich jemand vor einer Stereoanlage kauernd einen gigantischen Siebziger-Jahre-Kopfhörer über die Ohren stülpte, mal auf einer LSD-geschwängerten Hippie-Zusammenkunft.
Seit dieser Zeit hat sich die ganze Geschichte der Clubmusik abgespielt. Heute blickt man auf einen seit einem Vierteljahrhundert andauernden Dialog zwischen Musikern und Crowd zurück. An diesem Punkt scheint es allzu einfach, nachzuvollziehen, welche Rhythmen und Klänge auf dem Dancefloor verstanden werden. Dass es heute ein Bedürfnis nach elektronischer Musik gibt, die nicht unmittelbar auf den Club zielt, lässt sich daran ablesen, wie rückhaltlos sich die Künstler auf Musik For Autobahns auf die anderen Musiksprachen und Klangwelten einlassen. Die Zugänge sind dabei sehr unterschiedlich: Manche lassen sich spontan von einzelnen Klängen faszinieren, andere arbeiten systematisch an einer Entgrenzung der Clubmusik.
Suzanne Kraft alias Diego Herrera etwa dehnt seine Discogrooves bis sie in einzelne Klänge zerfallen. Tom Tragos Melodien sind so geheimnisvoll und fremdartig wie die der besten Sci-Fi-Soundtracks. Der Stop-And-Go-Funk der Weird Guilders hat einen ganz anderen Bezugsrahmen, er orientiert sich am Postpunk der frühen Achtziger. Der visionäre Track von Âme spürt eine Verbindung zwischen der Modernen Klassik von Steve Reich und Edgard Varèse sowie der frühen elektronischen Tanzmusik von Giorgio Moroder und Patrick Cowley auf. Das Ergebnis ist artifiziell und hermetisch, aber alles andere als körperlos. Nicht weniger gelungen ist der Beitrag von Quiet Village, die sich hier den tollen Namen Maxxi & Zeus gegeben haben. Sie orientieren sich an Frühneunziger-Electronica von Acts wie Biosphere oder Orbital und entfernen sich mit ihrem organischen, fließenden Sound von der erotisierten Körperlichkeit der House Music. Einmal mehr beweist Gerd Janson, dass in der Clubmusik mehr möglich ist.
Stream: Gerd Janson presents – Musik For Autobahns (Preview)