Danny Wolfers ist ein Genie. Der Niederländer, der auf den klingenden Namen Legowelt hört, entzieht sich in seiner Wandelbarkeit jeder Kategorie. Im dichten Nebel der Den Haager Bunker-Sagenwelt aufgewachsen, durch Radiosendungen von I-F rekrutiert, war Legowelt schnell eine eigene fest Größe im Kosmos aus Hausbesetzer-Raves, Acid-Phantasien, Italo-Disco-Leidenschaft und Electro-Besessenheit. „Disco Rout“ katapultierte ihn als amüsantes Missvertändnis gar auf dem Höhepunkt des Electroclash-Fiebers via Ghostly International in Sven Väths Plattenkiste, zu Cocoon und in Großraumdiscotheken. Seitdem setzt Wolfers alles daran, dass es ihm und seinen Fans nicht langweilig wird.
Mit der Schaffenskraft eines Woody Allen ausgestattet, sorgen ein unübersichtlicher Synthesizer-Park und das Nerdparadies, das er Studio nennt, für unbegrenzten Nachschub in der Legowelt. Dort gibt es Alben, die sich mit Manuel Noriega beschäftigen, Coverversionen von Ron Hardy-Edits, idiosynkratrische Afrikamusik als Nacho Patrol, zweihundert weitere Pseudonyme und ein Füllhorn an Ideen, das von Genreaufklebern nur unzureichend zusammengehalten wird. The Paranormal Soul ist das neueste Kapitel in dieser unendlichen Geschichte. Dieses Mal ohne besonderes Konzept oder Überbau (und im Gegensatz zu The Teac Life, das der Künstler zuerst auf seiner Webseite verschenkte, bevor ein Vinylrelease folgte, gleich von Clone veröffentlicht), wirkt es wie eine Zustandsbeschreibung von House und Techno durch die Brille eines Nerds, der – bei aller Detail- und Geschichtsverliebtheit – gegen jeden Dogmatismus gefeit scheint. Analog oder digital als Religionen sind ihm egal. Wolfers jagt Chicago und Detroit, Rimini und London, Berlin und Rotterdam so lange durch seine eigenen Schaltkreise, bis diese Referenzmaschine und deren Einwirkungen den Anschein machen, originäre Legowelt-Ideen zu sein.
„Rave Till Dawn“ oder „I Only Move For You“ zum Beispiel eröffnen wie Hommagen, schlagen aber immer wieder Haken, während „Elementz Of Houz Muzik“ Mr. Fingers und Jean-Michel Jarre zusammendenkt. Dem Album ist eine unheimliche Homogenität gegeben, in der sich Melancholie und Euphorie wie Bruder und Schwester verhalten oder Melodiewirbel und Minimalismus keine Gegensätze sind. „Transformation Of The Universe“, „Renegade Of A New Age“ oder „On The Tiger Train“ sind mehr Techno-Soul, als das meiste, was sich diesen Sticker selbst an die Brust heftet. Liebeskummermusik für Androiden.
Stream: Legowelt – The Paranormal Soul (Clips)