Seit seinem Warp-Debüt Los Angeles hat Steven Ellison J Dillas Fans dort abgeholt, wo der Meister sie verlassen hat. Er hat Simon Reynolds beeindruckt, Schrate wie Gonjasufi und Gaslamp Killer aus dem Unterholz ins Rampenlicht geschubst, und nicht zuletzt sein Publikum mit kleinteiligen (Ableton) Live-Manövern entzückt, die zwar wenig mit seinen Studio-Tracks zu tun hatten, aber sehr viel mit seinem generellen Musikansatz: in forcierter Traumlogik alles mit allem zu vermorphen. Until The Quiet Comes zeigt aber auch, dass die scheinbar unendlichen Möglichkeiten, die dieser genreübergreifende, unhierarchische und intuitive Arbeitsmodus erschließt, endlich sind. Es gibt auf diesem Album genau das, was sein Vorgänger Cosmogramma so groß machte – und ein bisschen mehr. Gleich geblieben sind die Sounds: viele Glöckchen, durchdringende Synthesizer, scheuernde Beats, instabiler Pitch, Unterwasser-Effekte. Sogar in den Melodielinien scheint er sich selbst zu zitieren. Auch wieder dabei: Gastsängerin Erykah Badu und die mittlerweile etwas nervenden Virtuositäten von Basskumpel Thundercat. Und da es wieder Sommer ist, gibt es im Vorfeld auch wieder ein Lovers-Melt-Mixtape, auf dem der Mann zeigt, was er selbst gerade so an Sounds goutiert: R&B fürs Schlafzimmer, Reggae und Dub von Lee Perry und obskure Drogenhymnen. Seine eigene heißt „DMT Song“ und weist mit Engelschören und verlockenden Harmonien Spuren von Humor auf.
Neu ist dagegen der Starauftritt von Thom Yorke, dessen Stimme sich in die flauschigen Arrangements legt wie in einen maßgeschneiderten Schlafanzug, das noch gebremstere Tempo und ein paar fiese Quietschklänge, durchaus auch mal ein verbogener Klicktrack. Alles andere wird sich über mehrere Hörsitzungen Stück für Stück erschließen, die Gestalt ändern, plötzlich Sinn machen und, wer weiß, auch wieder verzaubern. Denn live wie im Studio gilt: In seinen besten Momenten macht Ellison am Rechner Freejazz. Das ist zwar eigentlich nicht möglich, aber anders lassen sich diese Dauerspannung, das Kreisen der Sounds um ein unsichtbares Zentrum und die mit allen Traditionen brechenden Kühnheiten kaum beschreiben. Trotzdem – oder deswegen – wäre es dem Mann, der nicht wenigen einen Weg aus dem Dubstep-Dilemma wies, zu wünschen, er würde das von ihm so fein gemachte Bett aus Beach Boys-Harmonigesang, cheesy Achtziger-Jazzfunk, Zeitlupen-R&B-Jingles und hypnagogischem Shlomp-Hop mal langsam verlassen und zu neuen Sounds finden.
Stream: Flying Lotus – Until The Quiet Comes