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Phusion

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Jazz ist Sport! Beginnen wir im hohen Norden, Finnland, dort also, wo Jazz noch ein Wahl-Schulfach ist. The Five Corners Quintet zählen sicher zu den drei, vier besten Jazzacts der letzten Jahre, und sie sind illustren elektronischen Remixen gegenüber offen. Selbst wenn Landsmann Jori Hulkkonen hier den FCQ feat. Mark Murphy-Song „Before We Say Goodbye“ in einen Depeche Mode-Tune dreht, liegt das dem FCQ- und Nu Spirit Helsinki-Kopf Tuomas Kallio nicht fern. Er selbst steuert nämlich – ähnlich drahtig – den besten der neuen Remixe bei: „Trading Eights“ (Ricky Tick Rec), ein funkiger Tech-Disco-Shaker mit detroitigen Chords. Klasse. DJ Mitsu The Beats vom Jazzy Sport Team Japan groovt im dritten Remix auch ganz gut rum, ungewohnt locker und discopop.
Die mythische Achse Japan-Skandinavien hatte immer schon Bestand, der Spruch „Jazz ist Sport“ trifft komischerweise sowohl auf Skandinavier als auch auf Japaner zu. Nils Kroghs „Things We Do“ (Dealers Of Nordic Music) im Tettory Blk Jazzy Sport Crew-Mix (einer von Grooveman Spot) hat dieses mythisch, elegisch Schöne, Jazz-Housige bis leicht Schräge, das man bei diesen Völkern lieben gelernt hat.
In Norwegen wurde eine der legendärsten Jazz-Livaufnahmen überhaupt gemacht, ein Heiliger Gral der weltweiten Sammler-Gemeinde, vielleicht die deepste Vocaljazz-Liveplatte überhaupt, die jetzt endlich (nach einem LP-Bootleg vor zehn Jahren, von dem aus zig coole Samples die Drum’n’Bass-, House- und Downbeat-Welt erobert haben) komplett als 4fach-LP und 2fach-CD das Licht der Welt erblickt: Webster Lewis’ „Live At Club 7“ (Plastic Strip), mit zwei Versionen von „Do You Believe“ und voll von spirituellem Jazz-Kram oder sogar unglaublichem Space-Rock. Ich denke, das sollte sich jeder geneigte GROOVE Leser zu Gemüte führen – mindestens eine Platte des Monats, wenn nicht eine für die Insel.
Driften wir noch quer durch den 12-Inch-Garten: Amp Fingers’ „If I Feel It“ bringt Amp Fpopdler und Mr. Fingers’ „Can U Feel It“ unter einen Hut. Steht jedem Club gut. Amp Fpopdler selbst remixt Patchworks feat Darius Rashauds „Celebration“ (Still Music) slicken Discosoul-Tune, ein catchy Nachfolger von „Brothers On The Slpope“,in dieser Güteklasse dicht gefolgt von Marathon Man (aka Simbad) mit „Stay Here“ und „Bye Bye Baby“ (Gamm). Todd Osborns „Bingata“ (Running Back) setzt einem dunklen Bass warme Rhodes-ähnliche Jazz-Chords entgegen und schafft so einen angenehmen, musikalischen Stomper mit Schmackes. Ich bin ja nicht so ein Freund von elektronischem Swing, schon gar nicht von gestopfter Trompete, aber der „Wighnomy Obstkokktailie“-Remix von Herb LFs „Fruchtalarm“ (Farspope) ist knorke, bitte demnächst bei Hape Kerkelings Tanzveranstaltung hören. Scherz beiseite: Auch elektronischer Jazz ist harter Sport! In dem Sinne, in der Richtung geht es weiter zum Tanzdeck eines Hochsee-Cruisers mit Dimitri From Paris, der für „Cocktail Disco“ (BBE) gleich zwei Doppelalben mit zum Teil seichten, zum Teil tollen (zum Beispiel Moses’ „Something About You“) Discoschleichern, Soulful-Shack-Klassikern, latinesker oder Broadway-mäßiger Disco zusammengestellt hat. Geschmäcklerisch gewagt, aber ich muss sagen, eine in sich homogene und allen Möchtegern-Disco-Nerds (die kotzen hier über die Reeling) trotzende Compilation, die zeigt, dass es jenseits von Affentanz, Proto-Disco oder Italo-Schmonzes auch diese etwas konservative, mitunter fast dramatische, aber durchaus charaktervolle Seite von Disco gibt. Also nichts für aufgeputschte Rave-and-Cruise-Fans. Wem doch eher nach Land unter den Füßen ist, dem sei noch die Compiation „Super Cool California Soul 2“ (Ubiquity) empfohlen, oder die Barry White-lässt-grüßen-7-Inch „Miles Get Open“ (Melting Pot) von Miles Bonny, meine Cocktail-Single des Monats (schlürf).

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