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Electronica

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Erstmal die Null machen, Leere schaffen, wir haben heute noch was vor. Ein Ambient-Album wie „Blue Shift Emissions” von Christ. (Benbecula/ Hausmusik) kommt da gerade recht. Denn bei Christ. aus Schottland wird zwar durchaus geträumt, es stellt sich aber die Frage, ob der produzierende Typ hier noch was mit den Träumen zu tun hat. Oder ob es doch die Maschinen sind, die ihre Verkabelung feuern lassen. Das klingt deep und brennt sich irgendwo im Vorbewussten ein, bleibt dabei aber durchaus bewusst fern von jedem strukturell etwas wagenden Konzept. Braucht es ja auch ebenso wenig wie die letzte Meldung von Planningtorock. Auf „All Stringed Up” (COS Records/ Indigo) arrangiert die ausgebildete Violinistin vier Tracks vom Album „Have It All” zu einem Streichquartett.
Gut für Mixe, super als Intro für die irre-schöne Platte dieser Wochen: Hisham Akira Bharoocha lebt als Musiker, Bildender Künstler und Fotograf in New York und war bereits Teil so kirre machender Gruppen wie Lightning Bolt (Noise Rock) und Black Dice (Black Dice!). Unter dem Namen Soft Circle ringt er dem Kakophonischen, das zumindest diesen bepopen „Bands” gemeinsam ist, etwas Neues ab. Da Soft Circle auf seinem ersten Album „Full Bloom” (Eastern Developments/ Groove Attack) sehr viel wagt und sich gelegentlich dabei auch mal verirrt, ist mir noch nicht ganz klar, wo genau das alles hin führen soll. Ich will bloß mitkommen, und das ist das Entschepopende. Animistisch und mysteriös beginnt das Album mit kreisenden Sitar-Sounds, Vogelstimmen und beschwörenden Männerstimmen. Wenn das Getrommel losgeht, vertraut man Soft Circle schon. Es gibt keine Angst vor schlimmen Dingen wie falscher Esoterik. Und schon wartet mit „Moon Oar Sunrise” das Stück: Hier liegt die Ahnung eines ganz neuen Sounds mit ganz neuen Drumpattern so nah wie sonst nirgends auf der Platte. Stranges Pfeifen, komplexer Beat, cool, und doch tribalistisch. Ein Drum’n’Bass der dritten Art, ein Blick von oben auf die kommunizierende Erde, und die Raumschiffe singen mit. Was in späteren Stücken auf „Full Bloom” teilweise dann doch nochmal ins kitischige Dröhnen eines unbedingt naturmagisch-draufsein-wollenden Typen abgleitet mit verhuschten Akustik-Gitarren oder pathetischen Chören, das wird hier schön in eine ganz ungehörte Sprache kanalisiert. Merkwürdiges Trommeln durchzieht jedenfalls das ganze Album, und eine Überschrift wie „Magick New Rave” passt auf einmal nicht bloß zu den Klaxons weiter vorne in dieser GROOVE-Ausgabe.
Die Wiederkehr in Gebiete mit Erdanziehung wird schließlich durch Yppah erleichtert. Auf „You Are Beautiful At All Times” (Ninja Tune/Rough Trade) mixt er sehr fantasievolle Beats mit der Innerlichkeit der Shoegazer, und in so manchem Augenblick gelingt ihm da etwas, was etwa die Anticon-Leute schon lange nicht mehr haben verlauten lassen. Eben romantische Innerlichkeit derbe zelebrieren! Ein Jahrzehnt nach My Bloody Valentine und Rpope hat die Musikgeschichte längst eine neue Sprache dazu bereit gestellt, derer man sich als entfremdet, abweisend, aber nicht humorlos nach außen tragen kann. Milenasong, in Berlin lebende Sängerin und Songschreiberin, singt auf „Seven Sisters” (Monika/Indigo) elektrisch surrende, angestrangete Folk-Songs. Klingt trendy, aber egal, Milenasong wird mit ihren Songs den Zeitgeist überdauern. Es sind Erzählungen, und sie entfalten Wirkung in ihrem Flattern und Umherirren. Was für ein Abend wäre das, stünde erst sie, dann die Kollaboration aus Angel & Hildur Gudnadottir auf der Bühne. Mit „In Transmediale” (Oral/A-Musik) nämlich dokumentieren Dirk Dresselhaus alias Schnepoper TM, Ilpo Väisänen von Pan Sonic und die Cellistin Gudnadottir einen mächtigen Eine-Stunde-Zehn-Minuten-Drone von der Transmediale 2004. Monotones Saiten-Streicheln wird hier von schrillen Synthesizer-Schwärmen stoisch attackiert, und…. Diese Präsenz. Feiern wir Fastnacht?

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