„Don’t fake the funk, or your nose will grow.“ Wenn es so etwas wie eine Ethik der elektrischen Tanzmusik gibt, dann ist Bootsy Collins’ Pinocchio-Theorie eine ihrer Grundregeln. Der in London lebende Schweizer Radovan Scasascia hat sie mehr als verinnerlicht. Im Rahmen von Scasascias breitem Wirkungsfeld (er ist Labelmacher von Dreck Records, produziert als AM/PM feinstofflichen Ambienttechno und ist im Projekt Tiger Timing Teil der Rekpops-Clique) steht das Alias Secondo für eine kleinteilige Schnitzeltechnik, in der er die Methode des Microsamplings als Trackgrundlage und als musikalisches Sinnstiftungs-Werkzeug in eine ganz eigene Form bringt. Auf seinem Debütalbum A Matter Of Scale sind die massiv verarbeiteten Samples nie als solche erkennbar und – selbst wenn sie aus dem umfangreichen Reggae-/Salsa-/Funk-Katalog des Soul-Jazz-Labels stammen sollten – nie als solche ausgestellt. Die ungemein zwingende Funkyness der Tracks entstammt nicht herbeizitierter Vergangenheit in Form von Soul-Samples, sondern einer modernistisch präzisen Beatwissenschaft. Der Jack aus Chicago ist ein gern gesehener Gast in Secondos Labor, wo er eine futuristische Frisur verpasst bekommt. Scasascians Nase bleibt, wie sie ist: nach vorn weisend und kurz.