burger
burger
burger

23 Seconds

- Advertisement -
- Advertisement -

Von Cobblestone Jazz eine schlechte Platte zu erwarten, ist keine Option. Bisher hat das Trio noch nie enttäuscht. Im Gegenteil: Ihr Debüt „The 5th Element“ vor rund fünf Jahren wanderte direkt in die Plattenkisten und Playlists verschiedenster DJs und Musikliebhaber. Zur Erinnerung: Die weltweite „Rej“-isierung von disparaten elektronischen Szenen lag noch in der Zukunft, beziehungsweise weit in der Vergangenheit. Cobblestone Jazz war aber damals bereits hypnotisch und reduziert genug für die Techno-Fraktion, ausreichend federnd und sexy für die Houser und zusätzlich hinreichend musikalisch für die Jazz-Headz. In DJ-Support ausgedrückt: Daniel Bell, Theo Parrish und Gilles Peterson. Mit „Dump Truck“ und „India In Me“ konnte das Trio im letzten Jahr seine Popularität noch steigern – die Bestenlisten 2006 künden von zwei dicken Hits.
Ein Album von Tyler Dhula, Mathew Jonson und Daniel Tate konnte man hingegen nicht unbedingt erwarten. Die auf Vinyl gepressten Stücke gelten eher als Konzession an die Fans und sind somit Nebenprodukte. Denn ursprünglich, so hieß es, sollte der Fokus ausschließlich auf Live-Auftritten liegen. Dhula und Jonson an MPC, Synthesizer und Drumcomputer, Tate an Rhodes und Vocoder – in ihr analoges Equipment vertieft, erschaffen sie ihre ganze eigene Soundwelt und präsentieren sie sich als elektronische Band. Ihr Sound ist gekennzeichnet von hypnotischen, fast schon meditativen Klängen und erhält durch die von Tate immer wieder eingestreuten Rhodes-Tupfer und modulierten Vocoder-Stimmen einen stark improvisierten Charakter. Gleichzeitig geben die anderen bepopen den Stücken mit Acpop-Sounds, Claps und vor allen Dingen Mathew Jonson mit seinen unnachahmlich warmen Basslines aus dem Roland SH-101 ein sehr solpopes Fundament für die Tanzfläche. Heraus kommt frische Musik, die einen von Kopf bis Fuß einnimmt. Und auch zu Hause funktioniert.
Cobblestone Jazz sind Meister darin, Melodien und Soundfragmente in alle Dimensionen auszudehnen, ohne dass ihre Stücke zu verkopft oder aber nach minimaler Ödnis klingen. Bestes Beispiel sind die bepopen ersten Auskopplungen „Lime In Da Coconut“ und „Saturday Night“. Extrem gradlinig, extrem tanzbar, aber dabei harmonisch, disharmonisch, futuristisch, blubbernd, flirrend, kurzum: fiebrig wie eine Jazz-Nummer. Weitere Knaller sind der niedliche und sehr pushende Flohzirkus in „23 Seconds“, das von Sven Väth für Cocoon lizensierte „W“ und das ätherisch-verträumte „Change Your Apesuit“. Ach ja: Die restlichen fünf Stücke knallen erfreulicherweise auch. Ein durch und durch magisches Album. Und als wenn das nicht genug wäre, gibt es neben oben erwähnten 2006er Hits auf der zweiten CD auch einen rund vierzigminütigen Live-Mitschnitt als üppigen Bonus dazu. Für den Einblick in ihr zentrales Schaffen.

In diesem Text

Weiterlesen

Features

[REWIND2024]: So feiert die Post-Corona-Generation

Die Jungen feiern anders, sagen die Alten – aber stimmt das wirklich? Wir haben uns dort umgehört, wo man es lebt: in der Post-Corona-Generation.

[REWIND2024]: Ist das Ritual der Clubnacht noch zeitgemäß?

Hohe Preise, leere Taschen, mediokre Musik, politische Zerwürfnisse – wo steht die Clubkultur am Ende eines ernüchternden Jahres? Die GROOVE-Redaktion lässt das Jahr 2024 Revue passieren.

[REWIND 2024]: Gibt es keine Solidarität in der Clubkultur?

Aslice ist tot. Clubs sperren zu. Und die Techno-Szene postet Herz-Emojis. Dabei bräuchte Clubkultur mehr als solidarische Selbstdarstellung.