Als Nachwuchshoffnung kann man den DJ und Produzenten Traxx gewiss nicht mehr bezeichnen. Dennoch wird der 37 Jahre alte Melvin Oliphant III zur neuen Schule des Chicago-House-Sounds gezählt, wobei seine Mitstreiter wie Jamal Moss von Mathematics, Tadd Mullinix oder D’Marc Cantu nicht wirklich jünger sind. Mit eigenen Produktionen, unter anderem für Gigolo, machte Traxx erstmals vor zehn Jahren auf sich aufmerksam. Zuletzt folgten Maxis für Crème Organization, M/O/S oder sein eigenes Label Nation. Auf dem trägt Melvin Oliphant III die vor 25 Jahren entzündete Chicago-House-Fackel weiter und führt die Tradition stilistisch ohne Brüche fort.
Einige Stücke auf seinem ersten Album Faith mag man gar für aus Archiven gehobene Originale von damals halten. Man denkt an Adonis, Phuture, Mike Dunn, Steve Poindexter oder Virgo. Der uralten Jack-Trax-Geschichte fügt er damit nur Details hinzu. Aber Traxx zerlegt die Historie gewissermaßen in ihre Einzelteile, um diese neu zusammenzufügen. Als Instrumente dienen ihm dabei ausschließlich alte Hardware-Synthesizer. Wenn er Vocal-Samples auswählt, geht es ihm nicht darum zu beweisen, wie tief er in staubigen Plattenkisten gegraben hat. Zum Zuge kommen die Klassiker, die man in DJ-Sets seit 25 Jahren hört – so etwa „Don’t Make Me Wait“ von den NYC Peech Boys. Melvin Oliphant III verbrachte seine Teenager-Jahre in den Achtzigern, er ist ganz klar ein Kind seiner Zeit, geprägt vom Housesound der frühen Jahre sowie von Industrial, New Wave oder EBM. Wie so viele andere seiner Generation hörte er regelmäßig die legendären Radio-Shows auf WBMX. Jedes Wochenende erreichten DJs wie Kenny Jason, Farley Keith, Mickey Oliver oder Julian Perez dabei Millionen von Hörern. Zweimal hat es Melvin Oliphant III in jungen Jahren in die Music Box geschafft, um seinen Helden Ron Hardy zu erleben. „Etwas Vergleichbares habe ich seitdem nicht mehr erlebt“, erinnert sich Traxx heute. „Damals sind die Dinge gerade neu entdeckt worden. Diese Zeit wird immer in mir sein.“
Und so geht es auf Faith auch im Jahre 2009 ausschließlich um den Jackbeat. Doch die Stücke auf diesem Album sind keine leeren Hüllen – trotz aller Zitate und Chicago-House-Gemeinplätze. Tracks wie „A Heart Alone“ oder „Cosmic Zigzag“ ziehen einen abseits des Charmes der rohen Klangästhetik mit ihrer emotionalen Tiefe in den Bann. Ein wenig erinnert der Traditionalismus von Melvin Oliphant III an Blues. Der lässt sich auch nicht neu erfinden. Aber um Blues zu bleiben, muss er sich in einen Rahmen einpassen. Hört man sich Faith an, hat man keineswegs das Gefühl, einer Darbietung für ältere Herrschaften beizuwohnen. Im Gegenteil: Die Unbekümmertheit und Direktheit der Musik von Traxx kommen genau zur rechten Zeit.