Es gibt wohl kein Patentrezept, um mit der eigenen musikalischen Vergangenheit umzugehen. 2009 steht das zwanzigste Chartjubiläum von Tim Simenon alias Bomb The Bass und seinem Überhit „Beat Dis“ an. Der Infotext zu seinem neusten Album erinnert aber daran, dass er mit dieser Zeit längst abgeschlossen hat. In Zeiten von DJ-Software und Terrabyte-Speicherplatten wäre es wohl auch unmöglich, heute noch den sample wizard zu spielen. Jetzt zählt eher die musikalische Erfahrung – denn was nützt das beste Equipment, wenn die Musik in Durchschnittlichkeit erstickt oder im Stilsalat viel zu große Portionen auftischt? Dabei sieht sich Simenon immer noch als Produzent elektronischer Musik, aber eher im Sinne von Radiohead, Massive Attack oder Tricky. Alle neun Tracks brauchen daher als Rückgrat auch ihre heiseren Vocals, wollen auffallen, wollen heraustreten aus der Masse der üblichen Feel-Good-Soundtracks, die in jedem American-Apparel-Laden laufen könnten. Vor allem die Stimme von Paul Conboy (A.P.E.) auf mehr als der Hälfte aller Tracks geht unter die Haut, vor allem bei „Smog“ und dem fast poppigen „So Special“. Andere Sänger wie Toob, Mark Lanegan (sehr ähnlich zu David Bowie), Jon Spencer und David Best (Fujiya & Miyagi) sind zwar bei ihren Vocalparts ähnlich zwingend, wirken auf ihren Tracks aber schon eher wie eine etwas ältere Datenübertragung. Im Handschlag der Komponenten kommt da den Sounds die Jokerrolle zu. Die sind dermaßen roh abgemischt, dass man auf einem Kopfhörer gern mal vor Schreck die Muscheln lüften muss. Wie brodelnde Lava pulsieren die Tracks durch das Future Chaos, das als Oberthema immer wieder in den Textzeilen gespiegelt wird. Chartplätze wird das wohl nicht erklimmen, aber es ist auch keine Aggroplatte geworden, die nur vors Knie treten will. Tim Simenon wäre das kurz vor seinem Jubiläum wohl selbst zu wenig gewesen.
BOMB THE BASS Future Chaos (!K7)
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