Goldfrapp sind ja berüchtigt dafür, sich mit jedem Album neu zu erfinden. Nach den kunstvollen Cinemascope-Elegien auf Felt Mountain ganz zu Beginn folgte glitzernde Deka-Dance-Disco auf Black Cherry, blieb aber auf burleske Weise irgendwie arty und theatralisch. Mit Supernature überließ man sich ganz den Verlockungen des Clubs und erreichte mit etwas gefälligem Synthiepop auch Chartshöhen, nur um mit Seventh Tree ein Komplementärprogramm von hippiesker Feld-, Wald- und Wiesenromantik einzuläuten, die zugegebenermaßen recht ansehnlich Ikonen wie Cat Power und Kate Bush zitierte.
Soweit zum Historischen (die Sechziger und Siebziger sind damit durch). Jetzt zum neuen Album, auf dem – mancher hat es jetzt wohl schon befürchtet – die Achtziger rangenommen werden. Bonbonpop in Pastellfarben mit der zuckersüßen Stimme Alison Goldfrapps, die irgendwo zwischen „Dirty Dancing“ und „Flashdance“ mäandert. Die Titel sind Programm: „Alive“, „Believer“ oder „Dreaming“ können problemlos als Signifikanten für Collegejacke und Föhnfrisur aufgefasst werden, während die verträumten Keyboards den Kitsch-Soundtrack zum ersten Teenagerkuss zwischen zwei Erdbeerkaugummi-Blasen bestellen. Ganz schön heftig. Nur dass wir uns nicht falsch verstehen: Produktionstechnisch ist das ganz oben mit dabei. Gespickt mit Moroder-Zitaten greifen die Basslines perfekt, während (wahrhaft) große Popmelodien abgefahren werden und auf jeder Snare dieser sanfte Hall von Jugend liegt. Zudem ist „Shiny And Warm“ ein astreiner Clubhit. Trotzdem bleibt nach dem Genuss des gesamten Albums das eigentümliche Bedürfnis nach etwas Salzigem.