Ryan Crosson vom Detroiter DJ- und Produzenten-Quartett Visionquest und der Franzose Cesar Merveille haben sich mit ihrem gemeinsamen Projekt einiges vorgenommen. Auf dem ersten Merveille & Crosson-Album treffen Einflüsse aus Minimal Music im Sinne von Steve Reich, Minimal Techno, Avantgarde-Elektronik, Jazz, an das ECM-Label erinnernde Piano-Kaskaden, Kraut-Rock, House, No Wave à la Liquid Liquid, Arthur Russell-typische Leftfield-Disco-Elemente, afrikanische Rhythmusmuster und allerhand mehr aufeinander. Liest sich brutal prätentiös, klingt aber in Wirklichkeit richtig gut. Und was noch viel erstaunlicher ist: Obwohl sich die beiden auf DRM viele, viele Freiheiten nehmen, funktionieren Tracks wie „Again & Again“ oder „No Hassle“ auch im Clubkontext. Über zwölf Minuten dehnen Ryan Crosson und Cesar Merveille den hypnotischen, monolithisch wirkenden Groove von „No Hassle“ aus, legen über ihn jazzige, ganz und gar nicht harmonieverliebte Klavier- und Trompetensplitter, lassen Becken zischeln, knappe Snaredrum-Breaks für Dynamik sorgen. Es ist ein Track, wie geschaffen für einen DJ wie Ricardo Villalobos.
Überhaupt, „No Hassle“ – Eile hat das in Berlin lebende Duo definitiv nicht. Die neun Tracks nehmen sich mit insgesamt knapp 70 Minuten alle Zeit der Welt, auch dann, wenn ihre Macher die Welt der Clubmusik weit hinter sich lassen. Und das tun sie über weite Strecken des Albums. Doch Stücke wie „At The Seams“, das ganz ohne Beat auskommt und stattdessen fast ausschließlich auf die Stimme der kanadischen Sängerin Banana Lazuli und das perlende Klavierspiel Arthur Simoninis vertraut, wirken nicht wie ein angestrengtes Zurschaustellen künstlerischer Überambitioniertheit. Was an DRM fasziniert, ist die Leichtigkeit, mit der die Herren Crosson & Merveille durch die Tracks navigieren. Und Hand aufs Herz: Keiner hätte von ihnen ein Album wie dieses erwartet, das die Welt zwischen Techno, Minimal und House, in der sich beide bisher ausschließlich bewegt haben, derart souverän transzendiert. Die Fülle der Ideen und sich verzahnenden musikalischen Elemente wirkt in keinem Moment überladen. Kleine, der Seele schmeichelnde Melodien werden von schroffen Sounds konterkariert. Die Zeit fließt über die neun Tracks mit Leichtigkeit dahin. Ryan Crosson und Cesar Merveille wissen einen mit diesem Album in ihren Bann zu ziehen wie mit einem DJ-Set, das stets die Tänzer in den Mittelpunkt stellt.
Stream: Merveille & Crosson – DRM (Album Preview)