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Pyrolator: Interview zur Klanginstallations-Premiere in Düsseldorf

Der schon seit den späten Siebzigern unter dem Alias Pyrolator aktive Kurt Dahlke gehört zu den Vordenkern der elektronischen Musik Düsseldorfs. Charakteristisch ist die Offenheit seines Ansatzes, die ihn auch zu Bands wie den Fehlfarben oder Der Plan brachte. Die von Lee Plested und Maximilian Schäffer kuratierte Ausstellung bettet seine neue Klanginstallation in Dokumente aus seiner Geschichte ein.

Zum einen ist da Foto- und Videomaterial aus dem initialisierenden Veranstaltungsort der Düsseldorfer Punk- und Postpunkzeit, dem Ratinger Hof, zu sehen. Zum anderen werden die Vorlagen für die Cover-Artworks verschiedener Veröffentlichungen Dahlkes von Moritz Reichel gezeigt. Wir haben Pyrolator Dahlke im Vorfeld der Ausstellung interviewt.

GROOVE: Du steuerst zur Ausstellung eine Klanginstallation bei. Inwieweit unterscheidet sich dieses Format von deinen Konzerten und Platten?

Pyrolator: Das Format Installation lässt Raum für ganz andere Konzepte. In dieser neuen Arbeit habe ich mich musikalisch auf sogenannte „Klangflächenkompositionen” verlegt, die schon in den frühen Sechzigern von Komponisten wie György Ligeti oder Henryk Mikołaj Górecki erstellt wurden. Hier werden Klänge ohne Verwendung von Rhythmen übereinander geschichtet. So entstehen clusterartige Klänge, die Zeit spielt im Verlauf eine untergeordnete Rolle. Deshalb auch der Titel der Installation: „Der Tag, an dem die Erde stillsteht”.

Pyrolators Installation „The Day the Earth Stood Still”, die in Düsseldorf gezeigt wird. (Foto: Kurt Dahlke)
Pyrolators Installation „The Day the Earth Stood Still”, die in Düsseldorf gezeigt wird. (Foto: Kurt Dahlke)

Typische Techno-DJs, die die GROOVE verhandelt, definieren sich mehr oder weniger durch einen bestimmten Beat, auf den durch ein ganzes Set, zum Teil auch eine ganze Nacht oder das ganze Wochenende durchgetanzt wird. Deine Arbeit ist vergleichsweise divers, du warst und bist in ganz verschiedenen Zusammenhängen aktiv. Warum ist dir das wichtig beziehungsweise macht dir das Spaß?

Ich bin nur dann zufrieden, wenn ich immer wieder etwas Neues entdecken und ausprobieren kann; je größer die Bandbreite der Möglichkeiten, desto besser. Da komme ich dann auch immer wieder in andere Zusammenhänge – neben Solo-Konzerten oder mit Fehlfarben war ich gerade bei einem Rave-Event im Chilloutbereich in Chisinau in Moldawien oder letzte Woche im SO36 auf der Geburtstagsfeier von Françoise Cactus. Im Juli spiele ich ein Set mit Modularsystem in einem Park und ein paar Tage später mit Der Plan in einer Cocktail-Bar.

Pyrolator 2022 in seinem Studio (Foto: Pyrolator)
Pyrolator 2022 in seinem Studio (Foto: Pyrolator)

Die Ausstellung zeigt auch Foto- und Videomaterial aus dem Ratinger Hof aus dem Archiv der damaligen Betreiberin Carmen Knoebel, ebenso Cover-Artworks und Gemälde von Moritz Reichel. Was haben die mit deiner Musik und deren Geschichte zu tun?

Ich bin in dieser Zeit in Düsseldorf musikalisch sozialisiert. Die Konzerte im damaligen Ratinger Hof, seien es Pere Ubu, Wire oder Performances wie Minus Delta T haben mich nachhaltig geprägt. Da bin ich damals selbst mit DAF aufgetreten. Deshalb freut es mich umso mehr, dass Carmen Knoebel Fotos aus dieser Zeit bei der Ausstellung zeigt.

DAF live im Ratinger Hof aus der Sicht von Pyrolator, 1979 (Foto: Pyrolator/ Carmen Knöbel)
DAF live im Ratinger Hof aus der Sicht von Pyrolator, 1979 (Foto: Pyrolator/ Archiv Carmen Knöbel)

Pyrolator & Friends
Der Tag, an dem die Erde stillsteht

17. Mai bis 12. Juli 2024
Eröffnung am 17. Mai um 18:00

SETAREH X | Hohe Straße 53 | Düsseldorf

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