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MaerzMusik 2024: Multimedia-Künstlerin Merche Blasco über neue Formen des Zuhörens

Was hören wir – jetzt, in diesem Moment? Vorbeifahrende Autos, zwei Stockwerke unter uns? Stimmen im Stiegenhaus? Techno, der aus dem Redaktionsspeaker brummt? Merche Blasco, prämierte Multimedia-Künstlerin in Berlin, stellt sich diese Frage jeden Tag. Die gebürtige Spanierin beschäftigt sich aber nicht nur mit dem Hören. In ihren Performances macht sie die Frage des Zuhörens selbst zu einem Erlebnis. Dafür bastelt sie eigene Instrumente, denn: Die Technik prägt das Verhältnis zu unserer Umgebung. Und wie wir unsere Umwelt wahrnehmen.

Im Rahmen der MaerzMusik 2024 führt Merche Blasco ihr jüngstes Stück „Através” auf. Mehrere Performer:innen erweitern ihre Ausdrucksmöglichkeiten durch „eigens angefertigte Assemblagen” – gerade das Imperfekte der Technologie soll die menschliche Wahrnehmung überlisten. „Através” wird am 18. März auf der Bühne des Kulturzentrums Villa Elisabeth aufgeführt. Davor beantwortet uns Merche Blasco einige Fragen und erklärt, warum wir öfter gemeinsam basteln sollten.

GROOVE: Du beschäftigst dich mit der Erforschung von Geräuschen in Echtzeit. Was hörst du gerade in diesem Moment?

Merche Blasco: Innere Geräusche in meinem Kopf, die immer lauter werden, wenn bald eine Premiere ansteht. Während ich diese Worte tippe, teste ich außerdem die Instrumenten-Installation für die Aufführung bei MaerzMusik. Ich habe sie hier vor mir aufgebaut. In diesem Moment höre ich also Sinustöne, die Keramik klappern lassen. Dazu kommen Verkehrsgeräusche, die sich aber nur bemerkbar machen, wenn die Installation in den Ruhezustand übergeht.

Wo liegt für dich der Unterschied zwischen dem Erzeugen von Klang und dem Verstärken von Lärm?

Wenn es darum geht, Unterscheidungen zu treffen oder Kategorien festzulegen, bin ich immer vorsichtig – gerade wenn ich mit Klang oder Energien arbeite. Die Erfahrung hat mir immer wieder gezeigt, dass sich alles in einem ständigen Zustand der Transformation befindet und in unvorhersehbare Richtungen fließt. Wenn ich zum Beispiel mit elektromagnetischen Wellen arbeite, ist die Energie bereits vorhanden. Ich schaffe also nichts Neues. Allerdings klingt diese Energie erst, wenn jemand den Transduktionsprozess erleichtert.

Du verwendest nicht nur Field-Recordings, sondern baust viele deiner Geräte selbst – warum ist der DIY-Ansatz wichtig?

Die DIY-Philosophie ist das Herzstück meiner Arbeit, weil sie die Erforschung und den Prozess über das Endergebnis stellt. Sie ermöglicht also den Zugang zu den Zwischenräumen, die bei der Verwendung kommerziellerer Technologien oft verborgen oder unzugänglich bleiben. Durch das Basteln und manchmal auch Scheitern entstehen für mich die interessantesten Aspekte der Arbeit. Das Selbermachen fördert auch die Zusammenarbeit und den Aufbau einer Community, was ich für sehr wichtig halte – vor allem in Momenten, in denen sich der kreative Prozess isoliert anfühlt. Deshalb meine ich: Mit anderen zu basteln macht einfach Spaß!

Unsere Ohren können nicht nicht hören, aber sie filtern den Lärm anders. Auf welchen Aspekt des Zuhörens konzentrierst du dich beim Einsatz von Technologie?

Eine einzige Antwort ist unmöglich! Ich nutze die Technologie, um Zugang zu Formen des Zuhörens zu bekommen – und zu Formen des Verstehens, die sich daraus ergeben –, die mir sonst nicht zur Verfügung stünden. Um auf das Beispiel der Aktivität elektromagnetischer Felder (EMF) zurückzukommen: Die Technologie, die es mir ermöglicht, dieser Energie zuzuhören, offenbart auch Muster der menschlichen Interaktionen mit Orten. In anderen Kontexten nutze ich die Technologie auch, um unsere Wahrnehmungsfähigkeit zu erweitern, was für mich immer eine Aufforderung ist, über Zusammenhänge nachzudenken. Oder ich transponiere Klänge, um einer Umgebung oder Situation, die vertraut ist, eine neue Bedeutung zu verleihen.

Wie kann man neu hören?

Manchmal geht es beim Zuhören um den Zugang zu verborgenen oder eingebetteten Informationen; vor Kurzem hielt mich zum Beispiel in einem Flussdelta auf, das von der globalen Erwärmung bedroht ist. Ich verbrachte dort eine längere Zeit mit einer Angelrute, die mit Hydrophonen ausgestattet war, um dem Ökosystem zuzuhören und Erkenntnisse aus seinen Geräuschen zu gewinnen.

Wie zeigt sich dieses Zuhören in deinen Aufführungen?

Für meine Aufführungen baue ich technologische Instrumente, die von vornherein unpräzise und unbeständig sind, und ein großer Teil davon ist die Absicht, mich selbst in einen Zustand des angepassten Hörens zu versetzen. Die Instrumente helfen mir dabei, die Hörerfahrung ganz zu verkörpern, weil ich sie auf eine Weise baue, die das Hören in meine Hände bringt. Die Interaktionen zwischen meinen Händen und den verschiedenen Materialien erzeugen oder formen Klänge und eröffnen mir einen weiteren Weg des Zuhörens.

Was lässt einen Raum klingen?

Es hängt immer davon ab, worauf man hört. Das kann die Akustik der Architektur oder ihre Geschichte sein, aber auch die vorhandene Aktivität elektromagnetischer Felder.

Alle Informationen zu MaerzMusik 2024 findet ihr hier. Das Stück „Através” von Merche Blasco kommt am 18. März 2024 in der Villa Elisabeth zur Aufführung. Weitere Informationen zur Performance sowie Tickets gibt es hier.

GROOVE präsentiert: MaerzMusik 2024
15. bis 24. März 2024
Haus der Berliner Festspiele

Tickets: Preise variieren

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