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Ariane Petschow: „Weibliche, inter*, nicht-binäre, trans* oder agender-Künstler:innen bringen jede Menge Talent mit”

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Die digitale Musikplattform MusicHub startet mit Empowering Women* in Electronic Music”  ein Förderprogramm für weibliche*, inter*, nicht-binäre, trans* und agender-Künstler:innen in der elektronischen Musikszene. Das Programm beginnt im Oktober in Zusammenarbeit mit Mentorinnen und soll den spezifischen Herausforderungen und Bedürfnissen von Frauen* in der elektronischen Musik gerecht werden.

Das Projekt zielt darauf ab, Selbstvertrauen und ein starkes Mindset zu fördern, Netzwerke zu schaffen und gegenseitige Inspiration zu ermöglichen. Vier erfahrene Mentorinnen, die DJs und Musiker:innen Anja Schneider und Camea sowie die Product Manager & Transformative Coach Emilie Lindström und die Softwareentwicklerin Aarti Kriplani begleiten die Mentees. Sie werden ihr Wissen und ihre Erfahrungen im Bezug auf Karriereentwürfe im Musikgeschäft als auch auf die Herausforderungen, denen Frauen* in der Szene begegnen, weitergeben. 

Ariane Petschow, Marketing Lead bei MusicHub, hat mit Aarti Kriplani die Organisation des Mentoring-Programms übernommen. Welche Herausforderungen sie innerhalb der elektronischen Musikbranche für Frauen* sieht und welche Chancen das Programm bietet, erzählt uns Ariane Petschow im Interview. 

Im Oktober startet das Programm zur Förderung von weiblichen, inter*, nicht-binären, trans* und agender-Künstler:innen in der elektronischen Musik. Wie entstand die Idee dazu?

Ariane Petschow: Da MusicHub noch ein junges Startup ist, war es nicht so einfach, ein Programm zu entwickeln, das den Bedürfnissen von Künstler:innen aller Genres gerecht wird. Glücklicherweise gibt es bereits viele Institutionen und Netzwerke, die sich der Förderung von Frauen* in der Musikbranche annehmen. Als MusicHub im Begriff war, den Vertrieb auf Beatport als Zusatzfunktion einzuführen, hatte meine Kollegin Aarti eine Idee: Nutzen wir diesen Anlass, um Frauen in einem bestimmten Genre zu unterstützen, in dem Männer noch immer die Szene dominieren. Ich war sofort Feuer und Flamme, mit ihr ein Programm zu konzipieren und es in die Tat umzusetzen. 

Das Programm richtet sich an Künstler:innen in der elektronischen Musik. Wieso?

Der Fokus auf eine kleinere Szene machte es uns leichter, die spezifischen Bedürfnisse und Fragen von Frauen* in der elektronischen Musik zu identifizieren und zu adressieren. Für uns ist das der Startschuss für potentielle weitere Projekte und Programme dieser Art. Unser Ziel ist es, Frauen* zu unterstützen und zu stärken, die in verschiedenen Musikbranchen und -genres immer noch zu oft unterrepräsentiert und unterschätzt sind. Es ist daher wichtig, dass Frauen* vor allem Frauen* fördern und Vorbilder für eine zukünftige Generation von Musiker:innen sind. Nur gemeinsam können wir den Wandel in der Musikindustrie vorantreiben. MusicHub möchte gemeinsam mit unseren Mentorinnen Anja Schneider, Camea, Emilie Lindström und Aarti Kriplani zu diesem wichtigen und notwendigen Wandel beitragen. Darüber hinaus möchten wir das Bewusstsein für die Ungleichheiten in der Musikindustrie bei allen Beteiligten und über alle Gender hinweg schärfen – damit nicht nur Frauen* Frauen* stärken, sondern alle zu einer gendergerechten Musikindustrie beitragen. 

Vier Mentorinnen sind Teil des Programms und werden die Mentees begleiten. Wie habt ihr sie ausgewählt? 

Wir möchten eine Mischung aus verschiedenen Perspektiven bieten: zum einen, was Musiker:innen brauchen, um ihre Karriere zu starten oder voranzutreiben und zum anderen, mit welchen Voraussetzungen, Hindernissen, Vorurteilen oder Denkmustern insbesondere Frauen* in der elektronischen Musikszene konfrontiert sind und wie sie diese überwinden können. Wir haben mit den Mentorinnen auch lange persönliche Vorgespräche geführt, da wir die Mentorinnen und ihre Beweggründe besser kennenlernen wollten. Natürlich war es auch wichtig, dass die Mentorinnen Teil der elektronischen Musiker:innen-Community sind und Geschichten, Erfahrungen und Wissen teilen können, die anderen Musiker:innen helfen. 

Wie sehen die Auswahlkriterien für die Teilnehmer:innen aus?

Wichtig ist die Eignung der Mentees für das Programms, basierend auf ihren Antworten auf die Eingangsfragen (Identifizierung als weiblich, inter*, nicht-binär, trans* und/oder agender Musiker:in in einem elektronischen Genre und ihre Bedürfnisse und Fragen an die Mentorinnen). Die fünf Mentees für das Programm werden anschließend von einem Zufallsgenerator ausgewählt.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen Mentorinnen und Mentees?

Die Master Classes werden die Mentorinnen, basierend auf den von den Bewerber:innen vorab im Bewerbungsformular angegebenen Informationen, bestmöglich auf die Interessen und Fragen ausrichten. Die Mentorinnen werden dabei von eigenen Erfahrungen und Learnings berichten und Tipps und Anregungen geben, wie die Teilnehmer:innen dieses Wissen auf ihre Musiker:innen-Karriere anwenden können. In den individuellen 1:1-Mentoring Sessions können die Mentees dann in einer privaten Atmosphäre konkrete Projekte und Fragen mitbringen, die sie mit den Mentorinnen auf ihre Bedürfnisse ausgerichtet besprechen und erörtern können. Ziel ist, dass die Mentees hier individuelle Hilfestellung und Inspiration erhalten, die sie langfristig anwenden können.

Welche Herausforderungen und Chancen siehst du für aufstrebende Künstler:innen in der elektronischen Musikszene? 

Weibliche, inter*, nicht-binäre, trans* oder agender-Künstler:innen bringen jede Menge Talent und kreatives Potential mit. Dennoch sind auf den großen Festivals, in Venues, bei Labels und auf den digitalen Musikplattformen noch immer deutlich mehr männliche Musiker präsent. Die Entwicklung geht für weibliche* Musiker:innen zum Glück etwas nach oben: Immer mehr schaffen es bis an die Spitze und treten in großen Venues und auf Festivals auf. In den letzten zehn Jahren haben die Festivals für elektronische Musik ihren Anteil an weiblichen Acts von neun auf 25 Prozent mehr als verdoppelt. Das heißt aber auch, dass das Verhältnis immer noch 1:3 ist. Es ist also noch ein weiter Weg.

Du sprichst die strukturelle Diskriminierung an.

Generell werden Frauen* leider oft anders betrachtet als Männer. Das liegt auch daran, dass Männer sich noch oft in den wichtigen Entscheidungspositionen befinden und viele von ihnen den Fokus häufig nicht auf Gleichberechtigung setzen oder, im Extremfall, sogar Vorurteile befeuern. Frauen* wird oft nicht so viel zugetraut und sie haben mit starken Vorurteilen zu kämpfen, zum Beispiel in Bezug auf Technik, beim Auflegen, Mixing, Mastering und so weiter. Hinzu kommen weitere Faktoren wie sexistische Einstellungen und Frauen*feindlichkeit und auch sexuelle Belästigung und Missbrauch, mit denen viele Musiker:innen zu kämpfen haben. Frauen* spüren oft viel mehr Druck, mit ihrem Handwerk zu überzeugen, als es Männer tun. Das ständige Gefühl, nicht gut genug zu sein und noch mehr leisten zu müssen, treibt vor allem Frauen* um, was dazu führen kann, dass es an Selbstvertrauen fehlt, nach vorne zu gehen und den eigenen Weg zu verfolgen. 

Welche Chancen bietet hier das Programm?

Die Mentorinnen möchten aus den Teilnehmer:innen ihr bereits vorhandenes Talent, ihre Stärke und ihre Fähigkeiten herauskitzeln und sie bestärken, ihren Weg zu gehen und sich nicht beirren zu lassen. Es geht daher viel um Selbstvertrauen und -bewusstsein und ein starkes Mindset. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Connecten, Awareness schaffen und gegenseitige Inspirieren. Denn gemeinsam können wir als starke Community für Veränderung in der Industrie sorgen. Unser Ziel ist es daher, Frauen* eine Art Toolkit an die Hand zu geben, mit dem sie sich stärken und gegenseitig in der elektronischen Musikszene langfristig unterstützen können. 

Ein Toolkit?

Wir wollen nicht nur kurzfristige Ratschläge oder knappe Tipps geben, sondern die Teilnehmer:innen dazu inspirieren, all das Wissen, das sie in den Master Classes und Mentoring Sessions erlangen, nachhaltig in ihrem Leben als elektronische Musiker:in, aber auch für ihre langfristige Karriereplanung zu nutzen. Aus diesem Grund sind die Themen nicht zu allgemein und die Konzepte nicht zu einheitlich gestaltet. Die Mentorinnen achten darauf, die Master Classes (so weit möglich) und die individuellen Mentoring Sessions auf die Bedürfnisse der Künstler:innen zuzuschneiden. Insgesamt sehen wir, dass ein Wandel in der elektronischen Musikszene bereits im Gange ist, aber mehr Tempo und Aufwind sind definitiv nötig. Wir wollen aktiv und langfristig zum Wandel beitragen und Frauen* dazu inspirieren, sich mit uns und den Mentorinnen auf diese Reise zu begeben und weitere Frauen* zu inspirieren – damit wir den Effekt vervielfachen können.

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