Vorschaubild: Aron Klein (Meadows In The Mountains)

Bergfestivals kennt man vor allem aus Österreich und der Schweiz, wo die ravenden 1% am Abhang feiern. Wenn man an Bulgarien denkt, dann erscheinen vor dem inneren Auge zuerst Bilder von überfüllten Partystränden am Schwarzen Meer. Ein kleines, in unseren Breitengraden nicht sehr bekanntes Festival aber versucht unseren Horizont zu erweitern und lädt bereits zum siebten Mal in die bulgarische Bergwelt ein.

Der Name Meadows In The Mountains nimmt bereits vorweg, was einem bei dem kleinen Festival in Bulgarien erwartet. Auf einem Hügel umgeben von Wäldern und Bergen wird einmal im Jahr mit rund 2000 BesucherInnen zu einem breiten Spektrum an Musik gefeiert und ein sorgloses Leben weit weg von der Realität des Alltags zelebriert. Schon beim Blick auf das Line-up zeigt sich, dass sich das Meadows In The Mountains nicht an bekannteren Festivals orientiert und stattdessen beim Booking auf noch unbekannte Talente setzt. Dabei bemerkt man eine tendenziell elektronische ausgeprägte Programmausrichtung mit vielen DJs, die mehrheitlich von der britischen Insel angereist sind. Mit dabei zwei bekannte Namen wie Shanti Celeste und Brian Not Brian. Alternativ zu den zwei DJ-Stages wurde auf der Main Stage eine breite Palette von Musikstilen angeboten. Singer/Songwriterinnen wie Alice Phoebe Lou aus Südafrika oder die neunköpfige Afro-Funk Band Agbeko aus Manchester. Wiederum auch sehr elektronische Acts wie Kalabrese mit seinem Rumpelorchester aus Zürich und LUX, bestehend aus Jim Cassady und Pablo aus Berlin, bekamen ihren Platz auf der großen Bühne.

Groß, das ist auf dem Meadows In The Mountains jedoch ein sehr relativer Begriff. Bei der Main Stage steht man auf Augenhöhe mit den KünstlerInnen einen halben Meter vor dem Mikrofonständer. Aufwendige Lichtinstallationen oder Visuals? Fehlanzeige. Vermissen tut man aber solche Extras aber keineswegs. Die fehlende Distanz, das ausbleibende Lichtspektakel, sie schaffen eine sehr direkte Verbindung zwischen Publikum und Artists. Das Meadows In The Mountains nimmt wie selbstverständlich alle Berührungsängste.

Meadows In The Mountains by Jack Pasco

Schwärmereien löste vor allem die beeindruckende Naturlandschaft auf dem Weg zum Festivalgelände aus. Nach vierstündiger Fahrt von der bulgarischen Haupstadt Sofia ins Dorf Polkovnik Serafimovo tut sich hier eine Parallelwelt auf. Das Dorf selbst wirkt trist, vom 200 Meter erhöht liegenden Festivalgelände zeigt sich jedoch eine eindrückliche Naturkulisse. In Polkovnik Serafimovo werden die angereisten Gäste mit offenen Armen empfangen. Die BewohnerInnen des Dorfes sind sehr froh über das Festival und stellen sogar privat Zimmer zur Übernachtung zur Verfügung. Neben einem zusätzlichen Einkommen bringt das Festival nicht zuletzt Leben in den Ort. Über die sonderbaren Gäste und deren nicht immer sehr sittliches Verhalten wird deshalb großzügig hinweggesehen, wenn etwa die müden TänzerInnen am Morgen den überwiegend älteren GastgeberInnen eine gute Nacht wünschen während diese Früchte und Beeren als Wintervorräte in Einmachgläsern einlegen.

Dass man vom Meadows bis anhin bei uns noch nicht viel gehört hat, liegt vermutlich daran, dass Promoter und Organisatoren fast ausschliesslich in London beheimatet sind. Es erstaunt deshalb nicht, dass der Großteil des Publikums von der britischen Insel kommt. Dazu mischen sich aber auch einige Bulgaren, Deutsche, Holländer und auch Schweizer. Auf dem Festivalgelände ist eine angenehme Dynamik zu spüren, die Stimmung ist offen und sehr familiär. Gespräche werden gesucht und Diskussionen wie über die aktuellen politischen Geschehnisse in Großbritannien werden offen und lebhaft angegangen, dominieren aber nicht den Festivalalltag. Viel eher versuchte das Publikum hier, Abstand davon zu gewinnen und sich dem Moment hinzugeben. Eine Post-Hippie-Kultur wird mit all seinen Facetten gelebt. Ausgefallene Kostüme und Glitzer sind in der Festivalkultur nichts Neues, vor der beeindruckenden Kulisse des spirituell angehauchten Meadows kommen sie allerdings umso mehr zur Geltung. Wenn sich alle Gäste um 6 Uhr bei der Sunrise Stage treffen, ergeben sich ergreifende Momente. Während die ersten Sonnenstrahlen auf hunderte tanzende Menschen fallen, scheint sich auf dem Kamm des Berges etwas Magisches zu zeigen.

Meadows In The Mountains by Jack Pasco

Sehr sympathisch am Meadows In The Mountains ist sein improvisierter Charakter. Die Veranstalter scheinen sich noch nicht recht auf den großen Ansturm eingestellt zu haben, wie sich beispielsweise am knappen Essensangebot zeigt. Logistisch ist es aber auch nicht einfach, da alle Güter mit Lastwagen über eine schmale, nicht asphaltierte Straße auf den Berg gebracht werden müssen. Die gesamte Infrastruktur hat man direkt vor Ort mit Holz aus der Region zusammengebaut: Bühnen, Essenstände und Sitzgelegenheiten haben alle einen DIY-Charakter, der viel Charme ausstrahlt. Bei der Musikanlage jedoch gingen die Festivalmacher keine Kompromisse ein. Vom Yogazelt bis zur Main Stage wurde alles mit Lautsprechern der Marke Funktion-One ausgestattet. Auf die Klangqualität legt man großen Wert, was nicht zuletzt bei der Main Stage zu spüren ist.

Das Meadows In The Mountains bemüht sich sichtlich darum, ein umfassendes Festivalerlebnis zu bieten. Das Line-up kann spielerisch auch ohne große Namen überzeugen. Am Ende beeindruckt jedoch vor allem die angenehm intime Stimmung unter den BesucherInnen. Willkommen sind hier auch all diejenigen, die nicht wie der Großteil des Publikums aus Großbritannien kamen oder mit bunten Klamotten auffallen. Sollte das Meadows In The Mountains seinen Charakter beibehalten, bleibt es die Reise in die Berge Bulgariens auf jeden Fall wert.

Vorheriger ArtikelGorillaz live in 360 Grad
Nächster ArtikelVon Spar