Am Pop haben sich viele Musiker aus der Clubszene die Zähne ausgebissen, und oft gelingen Pop-Producern bessere Clubtracks als umgekehrt. Nôze aus Paris sind eine glorreiche Ausnahme. Ihre mehrstimmigen Vocals zehren vom Momentum der House Music. Ihr Popverständnis ist kein willkürlicher Import. Ihr Gesangsformat ist aus der Ästhetik, der Haltung und der Feierlaune von House und Post-Minimal entwickelt. Auf ihren ersten beiden Alben war das Interesse für witzige, alberne, skurrile, doppeldeutige Sounds inspirierend. Auf den beiden folgenden LPs suchten sie sich neue Kontexte, veralberten russische Volksmusik oder bedeutungsschwangere Bob Dylan-Balladen. Auf dem neuen, fünften Album verdichten sie ihren ironischen Ansatz zu einer thesenhaften Arbeit zur Popgeschichte: Es geht darum, dass Musik nicht immer toll ist, sondern auch dümmlich oder angepasst sein kann. Ihre Demonstrationsobjekte sind der Chanson, Songs aus Italo Western, zynischer 70er-Rock von Dire Straits oder den mittleren Pink Floyd. Es geht um den Punkt, an dem etwa im Chanson aus persönlichen Alltagsbeobachtungen herabwürdigende Klischees werden, an dem sich in den Siebzigern psychedelische Selbsterfahrung in formatierten Stadionrock verwandelte. Humor und Verächtlichkeit, Größe und Großkotz sind nur Millimeter weit voneinander entfernt und diese Nuancen erkunden Nôze wie kein anderer Act.
Stream: Nôze – Saint