Er wirkt mit seiner Hornbrille und seinem schweren Akzent ein wenig wie der Prototyp des verrückten Wissenschaftlers, doch Eduardo R. Miranda ist tatsächlich einer der weltweit führenden Forscher im Bereich der Computermusik. Der brasilianische Komponist arbeitet am Intersdisziplinären Zentrum für Computermusik-Forschung (ICCMR) der Universität im britischen Plymouth, und sein neuestes Projekt ist es, einzelligen Schleimpilzen das Musizieren beizubringen.
Am vergangenen Wochenende führte Miranda bei einem Festival seines Forschungszentrums erstmals das Stück „Biocomputer Music“ auf, bei dem er eine Art biologischen Schleimpilz-Computer als Klangerzeuger nutzte. Die Schleimpilze sind einzellige Organismen, die bei der Nahrungsaufnahme (am liebsten wachsen sie auf Haferkörnern) elektrische Impulse erzeugen, welche Miranda wiederum als Signale für seine Computermusik nutzte. Für sein „Duett“ mit den Schleimpilzen montierte der Komponist ein Mikrofon an seinen Flügel und schickte die aufgenommenen Tonsignale an die auf Leiterplatten herangezüchteten Einzeller. Die Schleimpilze gaben als Reaktion auf die Impulse eigene elektrische Signale ab, die der Komponist wiederum in Musik zurückübersetzte. Dazu nutzte er Elektromagneten die über Klavierseiten angebracht sind und diese in Schwingungen versetzen. Das Ergebnis: ein beinahe gespenstisches musikalisches Zwiegespräch zwischen dem Musiker und den Schleimpilzen.
Wer nun befürchtet, dass Musikstudios bald nur noch aus Pilzkulturen bestehen könnten und die Invasion der Schleim-Soundsysteme droht, den weiß der Brasilianer zu beruhigen. Für Miranda dient die Pilzmusik vor allem als Demonstrationsobjekt für das Potential, das in Biocomputern steckt. Als wahrscheinlichere Nutzungsform für die Schleimpilze sieht er in Zukunft die Bio-Energieerzeugung im kleinen Rahmen – als „lebendes“ Ladegerät für Smartphones etwa.
Video: Eduardo R. Miranda – Biocomputer Music