„Wie fühlst Du Dich?“ – diese Frage stellt für Theo Parrish nicht eine Floskel dar, sondern ist die elementare Basis für alles, was er macht. Denn es ist wichtig, etwas zu fühlen, etwas ausdrücken zu wollen, wenn man loslegt und an neuer Musik arbeitet. Oft passt der momentane Zustand eines Musikers nicht, die Leidenschaft kann nicht umgesetzt werden. In dem Fall sollte man die Hände von der MPC lassen und einfach auf den nächsten Tag warten. Glücklicherweise findet Theo Parrish in all dem Trubel seines Lebens mit und in der Musik immer wieder zu sich zurück. Geht es um das Format Album, bedarf es einer in sich geschlossenen Idee und Inspiration. Und der selbst auferlegten, aber auch ehrlich gefühlten Aufgabe, etwas teilen zu wollen, oder gar müssen, wie im Falle dieses Mannes aus Detroit. Die Interviews mit Parrish nehmen oft die Gestalt von Lehrstunden an. Gut so.
Was das alles mit seinem neuen Album American Intelligence zu tun hat? Viel, alles sogar. Kaum stellt man erneut fest, welch zeitlose Musik Parrish über all die Jahre verbreitet hat und wie inspirierend und fest verankert seine Stücke in der Geschichte der Housemusic sind, kommt er mit dem nächsten Streich und Sound um die Ecke, ohne sich selbst zu wiederholen.
American Intelligence ist aus einem Guss. Parrish überwiegend alleine mit seiner MPC durch Zeit und Raum reisend. Sperrige Rhythmen, die sich dann doch immer wieder zu wahren Groove-Monstern auflösen mit jedem fortschreitenden Takt. Wie in „Life Spice“ , welches ein Soulsample als Ausgangsquelle hat und sich dann im Livejam immer mehr davon löst, Schritt für Schritt kommen die Beats und Akkorde dazu. Langer Aufbau, alleine Parrish weiß dann irgendwann, ob alles gesagt ist. Manche der Tracks auf dem Album erreichten ursprünglich gerne einmal die 30-Minutengrenze, die meisten sind in der finalen Version nun mindestens acht Minuten lang. Auch das ist gut so. Intensiv. Wie auch das um ein sehr aussagekräftiges Sample von Barry Levington gewirbelte „Make No War“, das ein wenig an das epochale „The Rink“ vom letzten Album Sound Sculptures erinnert und einer der Favoriten für die DJ-Box ist. Klar, „Footwork“ ist auch enthalten, aber spannend wird es sicherlich, wenn man das hypnotische „Be In Yo Self And Dance“ im Club auflegt. Parrishs Statement zum mittlerweile verschobenen Bild in Clubs mit Smartphones in der Hand statt loslassenden Füßen und Körper? Recht so. Und mit dem um Jazzloops kreisenden „Helmut Lampshade“ dringt Parrish nahezu in Soundtrackmusic vor, Night On Earth und Armin Müller Stahl mal anders gesehen. Ja, es gibt viel Detroit Sound aus allen Ecken hier, und Theo definiert den Sound weiter, mit dem Respekt für die Vergangenheit, aber dem Blick nach vorn. Er muss sich gut gefühlt haben, sehr gut.
Video: Theo Parrish – Footwork