In Kollaborationen mit der ersten Garde elektronischer Producer war Erlend Øye Mitte der Nullerjahre die angenehmste Stimme der Clubkultur, mit The Whitest Boy Alive hat er Indie-Rock den Charme wiedergebracht, als Teil der Kings Of Convenience dem Folk ein neues Zentrum gegeben. Jetzt hat der sympathische Norweger Lovers Rock kennengelernt und zum Anlass genommen, sich neu zu erfinden. Die zehn Songs von Legao stehen in der langen Tradition des im weiteren Sinn nordeuropäischen Träumens vom Süden, eine Linie, die über Stationen wie ABBA, Serge Gainsbourg, Laid Back, Carly Simon ins kollektive Popbewusstsein eingedrungen ist. Selbst die Fleetwood-Mac-Harmonie-Spiele zwischen der Akustikgitarre und den Streichern in „Bad Guy Now“ gehören noch zu diesem Strang der Einflussgeschichte. Øye lebt mittlerweile auf Sizilien und hat eine Leidenschaft für italienische Popmusik der Sechziger und Siebziger entwickelt. Als netter Nerd von nebenan verfügt er noch immer über eine mit Understatement präsentierte, phrasierungsfreie Intonation, deren Ausgeglichenheit und Gleichmut manchmal an den einzigartigen Gesang von Arto Lindsay erinnern. Und mit ein wenig mehr Schwung wäre auch Jonathan Richman als Referenz drin. So bleibt die Single-Auskopplung „Garota“: ein wundervoll melancholischer Hit für den Herbst.
Video: Erlend Øye – Garota