burger
burger
burger

K-LOSING Der Kann Recordstore in Leipzig schließt

- Advertisement -
- Advertisement -

Im Jahr 2012 wurde aus dem Freezone-Plattenladen in Leipzig der Kann Recordstore. Damals übernahm Alexander Neuschulz alias Sevensol die Geschäftsführung, nachdem sein Vorgänger Steffen Friedrich, auch bekannt als DJ Filburt, das Handtuch warf. Seitdem firmiert der Shop auch als Zentrale des Labels Kann, das seit 2008 besteht, sowie der Agentur Buki Good von Constantin Menze. Auf siebzig Quadratmetern verteilen sich hier rund 1.500 Platten, vorwiegend House. Daneben gibt es ein kleines Musikbuch-Sortiment sowie Basics von American Apparel. Doch schon in einer Woche ist mit dem Vinylshoppen in der Kochstraße 10 in Leipzig vorerst schluss, denn der Kann Recordstore macht leider dicht.

Von heute an bis Freitag wird es noch ein K-Losing geben, bei dem sich die Betreiber mit Musik, Getränken und einem “Megasale” in den Sommer verabschieden wollen. Fast alle Platten und Textilien im Laden werden enorm herabgesetzt zu erwerben sein. Außerdem stehen an allen Tagen noch einmal lokale DJs wie Steffen Bennemann, Philipp Matalla, Neele oder Polo an den Shop-Decks. Am Freitag gibt es außerdem eine Party im Garten des Conne Islands, die dann zufälligerweise den Abschluss bildet.

Kann als Label bleibt zum Glück bestehen. Was es mit der Schließung des Ladens auf sich hat, welche Rolle der Shop für Leipzig spielte und wie es nun weitergeht, das wollten wir von Alex Neuschulz wissen.

Alex, was hat den finalen Ausschlag gegeben, den Plattenladen zu schließen?

Schon seit Anfang des Jahres bestand die Notwendigkeit, etwas an den finanziellen und damit verbundenen räumlichen Umständen zu verändern. Wir haben das dann im kleinen Kreis diskutiert und auch einige Konzepte durchgespielt. Zuerst wollte ein benachbarter Fashion-Shop bei uns für ein paar Monate einen Pop-Up Store installieren, wodurch es natürlich auch anteilig was zu den Raumkosten gegeben hätte. Leider ist dieser aber überraschend vor ein paar Wochen in ein Insolvenzverfahren gegangen und diese Idee zerschlug sich.

Wir haben auch nach neuen Räumen gesucht, die mussten aber natürlich ganz klar preiswerter sein und dementsprechend auch kleiner. Das empfanden wir als schöne Aussicht, in einem 30qm-Laden, wie der Smallville, unsere kleine Auswahl an Platten noch ein bisschen weiter anzubieten. Es gab Läden im Leipziger Westen, die tatsächlich von der Aufteilung, Lage und Preis erstmal in der Theorie gut gepasst hätten. Scheinbar aber auch für andere Gewerbe, denn gestern Morgen wurde mir leider auch durch die Hausverwaltung das letzte angefrage Objekt abgesagt. Für die Kochstrasse haben wir aber nun auch schon einen Nachmieter, der drängelt. Irgendwie finde ich es auch gut, da jetzt eher Ende mit Schrecken, als Schrecken ohne Ende zu machen. Bis letzte Woche haben wir Neuheiten bestellt und die wird’s dann diese Woche größtenteils auch im Sale geben. Du kannst einen Plattenladen für Clubmusik, zumindest für aktuelle, nicht dauerhaft betreiben, ohne regelmäßig fett bei den Vertrieben einzukaufen. Das merken die Leute sofort und mir ist das dann auch unangenehm.

Ich will jetzt aber auch nicht alles nur auf die wirtschaftlichen Umstände schieben. Im Laden selbst sind wir ein Team von etwa fünf Leuten, die sich in die Tage mehr oder weniger eingeteilt haben. Betreiber war ich aber die ganze Zeit alleine und was das so mit sich bringt, konnte ich auch nie wirklich abgeben. Wenn da jeder Euro von dir selbst ist, neigst du sehr schnell zum Kontrollwahn und gibst nur schwer Verantwortung ab. Nun bin ich aber auch noch als kleiner DJ unterwegs, und das in den letzten Jahren zunehmend fast jedes Wochenende. Irgendetwas leidet dann auch mal darunter, der Job im Laden, die Qualität als Musiker und vielleicht auch das Privatleben. Ich empfinde die Schließung heute erstmal als kleine Befreiung und Chance.

Was glaubst du, was die Schließung des Ladens für Leipzig bedeutet?

Naja, der Laden ist für viele Leute scheinbar symbolisch recht wichtig gewesen. Es ist wichtig fürs Ego des Ortes und den überregionalen Ruf. Man erzählt gerne davon, aber im Internet bestellen ist dann doch praktischer. Ich habe das ja selbst bei engen Freunden gemerkt. Die haben alle zunehmend mehr zu tun und konnten sich kaum noch Zeit nehmen, mal zwei Stunden im Laden Platten durchzuhören. Das ist der Lauf der Dinge. Die Läden in Berlin werden ja sicher auch zum großen Teil von Besuchern und Touristen gefüttert. Die gibt es natürlich in Leipzig auch jeden Tag, aber eben doch nicht so viele, die auch Bock auf Houseplatten haben. Vielleicht lässt diese Lücke einfach etwas ganz Neues entstehen und jemand anderes nimmt die Dinge in die Hand, der schon länger grübelt und in ein paar Monaten gibt’s einen neuen Laden hier. Würde mich freuen!

Wie sehen eure Pläne für die Zeit nach dem K-Losing aus? Betreibt ihr Kann als Onlineshop weiter oder war es das vorerst komplett mit dem Shopbetrieb?

Den Onlineshop auf unserer Webseite wird es auf jeden Fall erstmal weitergeben. Wir bekommen heute die neue Lowtec-EP und erwarten auch noch die neue Uncanny Valley von Jacob Korn diese Woche. Wir haben da weiterhin Bock drauf, mit befreundeten Labels zu arbeiten, der lokale Spot fehlt dann halt nur ab August. Die Kann-Releases wird es ab September wahrscheinlich in dem Buch- und Grafikmagazinshop Mzin geben. Meine Motivation, sofort nach etwas Neuem zu suchen, hält sich ehrlich gesagt in Grenzen, aber ich lasse mich gern anstecken. Persönlich freue mich schon eine Weile auf die Tage zwischen den Wochenenden und unser Label. Vielleicht mache ich ja auch etwas Musik.

In diesem Text

Weiterlesen

Features

Marrøn: „Ich bin als DJ auf der Tanzfläche geboren”

Für Marrøn ging es vom Parkett auf die Tanzfläche – uns hat er unter anderem erzählt, warum er seine Profisportlerkarriere gegen die DJ-Booth eintauschte.

A100 in Berlin: Nie wieder Autobahn

Berliner Clubs und Initiativen haben wieder gegen den Ausbau der A100 demonstriert – wir haben uns vor Ort umgehört.

Waking Life 2024: Der Schlüssel zum erholsamen Durchdrehen

Das Waking Life ist eine Anomalie in der Festival-Landschaft, was programmatischen Anspruch und Kommerzialität anbetrifft. Wir waren dabei.