Vor knapp drei Jahren brachte das wunderbar verträumte Debütalbum Crooks & Lovers von Mount Kimbie unseren Rezensenten derart ins Schwärmen, dass er das britische Duo kurzerhand zu den „Massive Attack der zehner Jahre“ kürte. Als in diesem Frühjahr mit „Made To Stray“ die erste Hörprobe des Nachfolgers Cold Spring Fault Less Youth ins Internet gelangte, waren die Reaktionen in den sozialen Netzwerken eher verhalten. Mancherorts wurde gar die Befürchtung geäußert, Dominic Maker und Kai Campos könnten sich von ihrem eigenwilligen Stil zugunsten eines stromlinienförmigeren Klangs verabschiedet haben. Denn das Stück mit dem prägnanten Percussion-Loop wie aus dem Minimaltechno-Lehrbuch ist in etwa das Geradeste und Tanzbarste, was die beiden je produziert haben.
Doch alle Fans der unangepassten Mischung aus Elektronik und Handgemachtem, für die Mount Kimbie bisher standen, können aufatmen: Das geradlinige „Made To Stray“ bleibt auf Cold Spring Fault Less Youth eine Ausnahme. Geändert hat sich seit dem Vorgänger dennoch einiges. Erstens gibt es auf der neuen Platte deutlich mehr Gesang – entweder von Maker und Campos selbst oder vom Gast King Krule, der bei zwei Songs den vielleicht einen Tick zu rotzigen, jugendlichen Punk-Poeten geben darf. Zweitens zeigen sich Mount Kimbie auf ihrer neuen Platte experimentierfreudiger als je zuvor. Kaum einer der elf Tracks besitzt eine klassische Songstruktur, ständig werden die unterschiedlichsten Klangquellen eingebunden und an allen Ecken und Enden wimmelt es von Überraschungen. So beginnt „Break Well“ als sphärisches Ambient-Stück, um nach knapp drei Minuten in euphorischen Gitarrenakkorden zu münden. Gleich anschließend folgen bei „Blood And Form“ schräge Beatminiaturen, die eine unerwartete Symbiose mit den verhuschten Gesangsspuren des Duos eingehen. Und ganz nebenbei schütteln Mount Kimbie mehr als je zuvor glorreiche, überwiegend in Moll gestimmte Melodien aus dem Ärmel. Mit dem schwammigen Genre Post-Dubstep, dem die Band zu Beginn ihrer Karriere zugeordnet wurde, hat diese Platte nicht mehr viel zu tun. Manche Stücke – etwa „So Many Times, So Many Ways“ – klingen eher wie Postrock. Das großartige an dieser abwechslungsreichen Platte ist aber, dass sie sich jeder eindeutigen Zuordnung auf elegante Weise entzieht.
Video: Mount Kimbie – You Took Your Time (feat. King Krule)