„I don’t want to be a star, but a stone in the shore when everything is overgrown.“ In dieser Zeile aus dem Titelstück des zweiten Albums von James Blake steht sie festgemeißelt, die Ehrlichkeit des in Nordlondon aufgewachsenen Ausnahmemusikers. Der 24-Jährige weiß zwar sehr wohl, dass er wie kaum ein anderer Stern da draußen in Lichtgeschwindigkeit in den Himmel geschossen wurde, aber am Ende des Tages geht es ihm nur darum, Songs für die Ewigkeit zu schreiben. Und trotz der zahllosen Nominierungen und Auszeichnungen der letzten zwei Jahre „frei und glücklich“ zu bleiben. So antwortete Blake in einem Gespräch auf die Frage, wie es sich nun anfühle mit dem immensen Erfolg des Debüts im Hinterkopf dessen Nachfolger zu schreiben. Die erdrückende Last des zweiten Albums? Keine Spur davon, mit Overgrown folgt einfach Teil zwei der Geschichte eines überzeugten Atheisten, der nun ein noch lupenreineres Gospelalbum voller Liebeslieder auf die Gemeinde losgelassen hat. Direkt aus dem eigenen Leben gegriffen, denn Blake hat sich in der Zwischenzeit zum ersten Mal verliebt. Und das ausgerechnet in L.A. – man weiß nie, wo die Liebe hinfällt. Genauso wenig weiß man, was Blake als Nächstes tun wird. Mit diesem Album macht er unverblümt klar, dass es nur Großes sein kann. Ab und an auch mal, wenn es sich eben so ergibt, mit Gästen, wie hier RZA und Brain Eno. Post-Dubstep? Totaler Quatsch! Overgrown steht schon alleine mit dem erschütternden und gleichzeitig so wärmenden „Retrograde“ oder dem stillen „Our Loves Come Back“ ganz in der Tradition von Alben wie Let’s Get It On oder Hear, My Dear eines Marvin Gayes. Direkt aus dem persönlichen Leben gegriffene, stille Songs, umrahmt von Klavier und Streichern, durchbrochen von grellen Sirenen, tiefen Bässen und angeführt von einer Stimme, die ihresgleichen erst noch suchen muss. Musik, die bleibt, auch wenn irgendwann alles überwachsen sein wird.
Video: James Blake – Retrograde