Extrem leidenschaftlich ist es geworden, das bereits vierte Soloalbum des Briten Jon Hopkins. Neben eigenen Veröffentlichungen hat er seit 2001 auch noch zwei Alben mit befreundeten Künstlern herausgebracht. Eins auf Warp mit Brian Eno und dem Komponisten und Gitarristen Leo Abrahams. Und eins mit dem britischen Singer/Songwriter King Creosote auf Domino, das 2011 für den Mercury Prize nominiert wurde. Immunity ist seine bis dato clubtauglichste Soloarbeit. Und vielleicht seine emotionalste. Viel Melancholie gibt es hier um die Ohren und trotzdem können zu vielen Tracks euphorisch die Arme in die Luft gewedelt werden. Stücke wie „Open Eye Signal“ sind mit ihrem verdrehten, an frühe Border Community-Veröffentlichungen erinnernden Drive absolut unwiderstehlich. Am tollsten wirkt alles, wenn der Londoner den Beat ein wenig verschleppt. Wie in „Collider“, einem Technotrack, der sich behutsam aber eindringlich nach oben schleicht, total gefühlvoll eine Schicht Sound und Sample nach der anderen aufträgt und so eine zauberhaft psychedelische Atmosphäre kreiert – gedehnt auf satte neun eigenartige Minuten. Große emotionale Trackarchitektur, die nie an Spannung verliert, obwohl sich nur Loops über Loops ungeniert im Kreise drehen. Zwischen den Rhythmen und Melodien zischen und zirpen zudem ungewöhnliche Field Recordings unscheinbar im Hintergrund und drehen sich unwirklich um die eigene Achse.
Natürlich gibt es auch ruhige Nummern wie „Abandon Window“, das mit sanften Klavierspiel startet, langsam von einer feinfühlig gedehnten Ambientklangwolke vernebelt wird und so an die frühen Werke des 33-Jährigen erinnert, die auch schon mal für einen New-Age-Sampler eines Natur- und Gesundheitsmagazins lizensiert wurden. Der von Pianoklängen getragene Ambient seiner ersten beiden Alben Opalescent und Contact One hätte noch gut auf einen Café Del Mar-Sampler gepasst. Auf seinem letzten Soloalbum, dem 2009 veröffentlichte Insides, wummerten dann bereits gelegentlich Dubstep-Bässe. Nun klopft der Bass (wenn er klopft) in Richtung Technoclub. Und das ohne Preset-Architektur. Denn alles, egal in welcher Geschwindigkeit, wurde filigran komponiert und klingt so oft gehört, bis es ihm endlich passte, dem sensiblen Gehör des Jon Hopkins. Wer diesem Album so viel Zeit gibt, wie er es anscheinend getan hat, dem könnte es mächtig ans Herz gehen. Wer dafür keine Zeit hat, dem drängt es sich auch problemlos zwischendurch auf, bis es irgendwann soweit ist und man sich die Zeit einfach nimmt.
Video: Jon Hopkins – Open Eye Signal