Text: Numinos
Erstmals erschienen in Groove 139 (November/Dezember 2012)
Wie oft steht man morgens auf dem Balkon, trinkt den ersten Kaffee, bläst den Rauch der Frühstückszigarette in die kalte Morgenluft und denkt sich: Mensch, wann erscheint endlich mal wieder ein neuer DJ-Controller? Genau, eher selten, und dennoch haben es sich die Entwickler bei Stanton nicht nehmen lassen, mit dem DJC.4 einen ebensolchen frisch auf den Markt zu werfen. Na dann, trinken wir mal schnell unseren Kaffee aus, rauchen zu Ende und wenden uns der Kommandozentrale für digitale Audiodaten zu.
Konzept
Der Stanton DJC.4 ist ein USB-bestromter (ein Netzteil kann bei schwacher Spannungsversorgung optional angeschlossen werden) DJ-Controller mit integrierter Dual-Stereo-In/Out-Soundkarte (16-Bit, 48kHz). Eingangsseitig stehen zwei Stereo-RCA-Eingänge zur Verfügung, die im Zusammenspiel mit einer DJ-Software, die das Durchschleifen externer Audiosignale unterstützt, eingebunden werden können – kompletter Stand-Alone-Betrieb ohne Rechner ist nicht möglich. Für Vocalbeiträge steht des weiteren eine in der Eingangsempfindlichkeit regelbare Klinkenbuchse bereit. Die Vorkontrolle des Audiosignals erfolgt mit regelbarem Mix/Cue-Verhältnis wahlweise über einen Standard- und Miniklinken-Kopfhörerausgang. Das tanzflächenbereit gemischte Audiosignal kann dann über eine RCA-Stereo-Buchse oder einen symmetrisierten Klinken-Ausgang an die PA übergeben werden. Für die umfassende Befehligung der verwendeten DJ-Software steht auf der Frontseite ein stattliches Arsenal von 64 hintergrundbeleuchteten Funktionstastern, 18 Potenziometern und fünf Fader bereit. Auf jeder der beiden spiegelsymmetrisch ausgelegten Deckseiten gewährt ein Deck-Select-Taster den Zugang zu einem zweiten virtuellen Controller-Layer, wodurch auch die Befehligung von vier Decks möglich ist. Mit im Lieferumfang enthalten ist eine LE-Version des DJ-Programms VirtualDJ.
Praxis
Auf eine gedruckte Bedienungsanleitung muss man beim DJC.4 verzichten und sich stattdessen das englischsprachige PDF ausdrucken oder auf das digitale Lesegerät seiner Wahl kopieren. Als durchschnittlich technikaffiner Mensch kann man den Controller samt Software aber auch gut ohne zusätzliche Erklärungen in einen betriebsbereiten Zustand bringen – allein die erforderliche Installation der USB-Treiber sollte man nicht vergessen. Die Hardware selber macht einen tadellosen Eindruck und gibt ein umfassendes visuelles Feedback über den jeweiligen Status der Bedienelemente. Positiv auch: die seitlichen Griffmulden, mit denen sich die rucksackfreundlichen 2,9 Kilo des Controllers anfassen lassen. Beide Jogwheels – deren seitliche Kunststoffriffelung bei mir aus irgendeinem unerfindlichen Grund die Assoziation mit Motocross weckt – drehen sich leichtgängig und ohne Spiel in ihren Achsen. Die Berührungsempfindlichkeit der zentralen Metallfläche lässt sich dabei getrennt über zwei Potis regeln. Wobei in der sensibelsten Einstellung bereits die Annäherung der Finger bis auf wenige Zentimeter reicht, damit sich das Jogwheel „befummelt“ fühlt – die Mittelstellung ist entsprechend bereits völlig ausreichend. Alle Taster und Fader verfügen über eine angenehme und praxisgerechte Haptik – besonders der eindeutig fühlbare Klickpunkt der Taster kann hier gefallen. Weniger überzeugend: Das Layout der Effektsektion, denn hier wechselt die Anordnung der Bedienelemente ohne Not zwischen spiegelsymmetrisch (FX Select) und linksbündig (FX Control). Auch der softwareseitige Counterpart, VirtualDJ in der ziemlich abgespeckten LE-Version, überzeugt nicht in allen Bereichen. Besonders das Handling der – durchaus umfangreichen – Effektsektion stellt sich teilweise etwas hackelig dar. Das Bild ändert sich erst, wenn man auf die Pro-Version upgradet, die mit umschaltbaren Layouts und umfassenden Konfigurationsmöglichkeiten für die Controlleranpassung aufwarten kann. Dafür werden dann allerdings noch einmal stattliche 214 Euro fällig. Besser und günstiger fährt man im Ergebnis mit der regulären Vollversion von Traktor Pro 2 (79 Euro), die sich dank des auf der Stanton-Webseite bereits verfügbaren Traktor-Layouts problemlos mit dem DJC.4 versteht.
Fazit
Hardwareseitig kann der Stanton DJC.4 durchaus überzeugen, auch wenn man das Layout der Effektsektion als gewöhnungsbedürftig und die 16-Bit Wortbreite des Audiointerfaces als nicht unbedingt zeitgemäß bezeichnen muss. Denn auf der Habenseite stehen hier sowohl die gute Haptik wie auch die – in Anbetracht der schlanken Abmessungen von fast genau einer DIN-A3-Seite – umfangreichen Kontrollmöglichkeiten, die an jeder Stelle ein gutes visuelles Feedback geben. Das als Anspielstation für die so generierten Steuerdaten gebündelte VirtualDJ in der LE-Version erweist sich aufgrund von Schwächen in Bezug auf das Screendesign, die Effektsteuerung und die Konfigurationsmöglichkeiten nicht als beste Wahl. Wer also mit dem Kauf des Stanton-Controllers liebäugelt, sollte längerfristig entweder das Upgrade zur Pro-Version oder beispielsweise den Kauf von Traktor Pro ins Auge fassen.
UVP: 440 Euro, Straßenpreis: 369 Euro
Video: Stanton DJC.4 – Overview