Der Anspruch ist klar. Rockband denkt eklektisch-elektronisch. 120 Days spähen bei ihrem zweiten Album in Richtung Soulwax, allerdings ohne so brachial und catchy sein zu wollen. Pop als Universalphänomen steht hier weniger zur Diskussion als ein dezidiert subjektiver Blick auf experimentelle Rockauswüchse seit Beginn der siebziger Jahre. Referenzen finden sich dementsprechend bei Krautrock, New Wave und Shoegaze, wobei ein gewisser Hang zu verschwurbelter Psychedelik die Signatur der Zitate ausmacht. Ausgenommen davon ist allerdings das Drumwork, das sich in Sachen Rhythmik und Präsenz klar am Club orientiert. Rock, der Spaß machen darf, ohne in bescheuerte Rotznasen-Indie-Klischees zu kippen. Vor allem diese fett produzierten, etwas sauberen Disco-Basslines, die an DJ Hell-Sets von vor zehn Jahren erinnern, machen ihren Job wirklich gut, allen voran das mit Lindstrøm gemeinsam produzierte Zehn-Minuten-Epos „Dahle Disco“, zu verstehen als Desert Disco für das erweiterte Bewusstsein. Dazwischen finden sich aber immer unentschlosse, ambiente Stücke – zu lang für Intermezzi, zu kurz und fragmentarisch für echte Songs –, deren psychedelischer Overkill an einem vorbeiflirrt, während die Form zusehends versuppt. Es sind ausgearbeitete Songs wie das großartige Eröffnungsstück „Spacedoubt“ oder das unheimlich-wahnhafte „SF“, die 120 Days II zu einem der wenigen Rockalben für den Club machen, die im Club tatsächlich rocken.
Video: 120 Days – Osaka