Daniel Lopatin alias Oneohtrix Point Never legte schon im letzten Jahr mit seinem Album Returnal einen so faszinierenden wie geheimnisvollen Hybriden aus Ambient- und Noise-Musik vor, der auf äußerst geschickte Art und Weise mit retrofuturistischen Artefakten spielte, ohne auch nur ansatzweise rückwärtsgewandt oder gar reaktionär anzumuten. Die Kunst des in Brooklyn lebenden Produzenten liegt darin, Zitate und Referenzen derart zu verwischen, dass sie sich unbemerkt in das Unterbewusstsein einschleichen können, wenn sich der Hörer darauf einlassen möchte. Diese Klangästhetik hat dem Analogfetischisten schnell das Etikett „Hypnagogic Pop“ eingebrockt: ein Mikro-Genre, dessen subversive Aura bereits im Präfix angedeutet wird (siehe: Hypnagogie). So klingen auch die schlafwandlerischen und meditativen Synthesizerschleifen auf Replica wieder nach auditiven Traumfragmenten einer diffusen Vergangenheit, lediglich die Brüche und Risse in der Klangstruktur sind fragiler geworden. Wo der fortwährende Sog aus Arpeggi und Flächen auf dem Vorgänger immer wieder von dröhnendem Rauschen überlagert wurde, geraten die Loops und Samplefiguren hier lediglich ins Stottern oder verkanten sich. Der Faszination, die von den enigmatischen Klangwelten ausgeht, tut das freilich keinen Abbruch.
Video: Oneohtrix Point Never – Replica