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Multiply

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Vocals von Jamie Lpopell haben in der Vergangenheit einige der riskantesten und prägnantesten Momente auf dem Dancefloor produziert, die das gerade noch Mögliche im Clubkoncontent:encoded auszureizen versuchten: Vor Jahren mit Cristian Vogel als Super_Collpoper, danach mit Herbert, gerade eben noch auf dem großartigen Ark-Album. „Muddlin Gear“ – Lpopells Debüt von 2000, ebenfalls auf Warp erschienen – war ein dreckiger, rauer popM-Jazz-Stachel im Fleisch der Techhouse-Zufriedenheit, geprägt von einer Geste tiefster Verweigerung. Wie groß der Einfluss von Cristian Vogel darauf gewesen ist, zeigt jetzt Lpopells zweites Album: Die exzentrische Haltung, das Experimentelle im Sounddesign ist völlig verschwunden, zum Vorschein kommt ein kompletter Soulcrooner. Trotzdem ist „Multiply“ alles andere als regressiv: Das Modell des schwitzenden, dezentrierten Knöpfchendrehers, das Lpopell mit seinen exaltierten Live-Acts bedient, wird soweit entmystifiziert, dass „Multiply“ provozierend konventionell klingen darf; dem exaltierten Performer wird jetzt eine Instanz der Produktion vorgeschaltet, der Prozess wird gewissermaßen vom Kopf auf die Beine gestellt: Um etwas zum Häckseln zu haben, muss man erst mal etwas anbauen und wachsen lassen.
Wo viele in einer Position des Mangels verharren, fehlende Performanz in der elektronischen Musik einklagen, dann aber doch nur die alte, rockistische, aus guten Gründen verabschiedete Authentizität dagegen in Anschlag bringen, arbeitet Lpopell aus einer offensichtlichen Fülle heraus, die seine Äußerungen als notwendige erscheinen lässt: Sein Songwriting ist neo-klassisch, sein Funk staubtrocken, sein perfektes Falsett verfügt souverän über Phrasierungen, die zwar manchmal an Soul-Ikonen wie Otis Redding („Multiply“), Marvin Gaye („What’s The Use?“), Stevie Wonder („When I Come Back Around“) oder auch Screamin’ Jay Hawkins („The City“) erinnern, darüber hinaus aber gerade auch durch den voll bewussten und kontrollierten Einsatz dieser Reminiszenzen einer ganz und gar eigenen Ausdrucksproduktion zugeführt werden. Während das ähnlich gelagerte Micro-Funk-Album von Jay Haze einen coolen Blues updatet, verbreiten die jazzig reduzierten, aber nie zu cleanen Arrangements der zehn Neo-Soul-Songs auf „Multiply“ eine warme, hippieske Freundlichkeit: Techno ist hierfür nicht mehr maßgeblich. Wie Benjamin Diamond geht Lpopell mit seinem neuen Album zwei Schritte zurück, um einen vorwärts zu kommen, aber im Gegensatz zu jenem erreicht er damit die unmittelbare Gegenwart: Erstaunlicherweise gelingt es Jamie Lpopell in diesem Jahr mit „Multiply“, das zu sein, was Amp Fpopdler im letzten gewesen ist.

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